Wo habe ich das behauptet? Ich beurteile eine Witterungsphase nie nach nur einem Parameter, sondern anhand der Gemengelage. Mein erstes Lamento hat sich denn auch mehr auf die Temperatur bezogen als auf den Niederschlag. Diesen hast du ins Spiel gebracht, unter völliger Ausblendung anderer Parameter. Angesichts der auch nach zwei Bise-Tagen in unserer Gegend am Mittwoch immer noch stehenden Pfützen in manchen Äckern habe ich darauf hingewiesen, dass die Böden derzeit nass genug sind. Wir stehen in Bern bei gut 150 mm Regen innerhalb von 5 Wochen, die Klimanorm der gesamten Monate März und April zusammen ist somit bereits erfüllt. Und nein, diese beiden Monate sind nicht die normalerweise nassesten des Jahres, wie kürzlich zu lesen war, sondern das sollten Mai bis August sein, mit grossem Abstand zu März und April.
Ich finde es derzeit ziemlich befremdlich, wie dieser Schrott-April abgefeiert wird. Gerade gestern war in der Presse zu lesen, das sei ganz normales Frühlingswetter und würde der Natur so gut tun. Nein, ist es nicht. Der April steht per 21.04. in Bern-Zollikofen bei 6.6 Grad, das sind 2.4 Grad unter der Klimanorm 1991-2020 und immer noch 0.9 Grad unter 1961-90. Die beiden warmen Tage dieses Wochenendes werden in der ersten Wochenhälfte gleich wieder einkassiert (jetzt muss noch schnell die Apfelblüte forciert werden, damit man die auch noch frosten kann am Mittwochmorgen), was dann noch bis zum Monatsende folgt, bleibt abzuwarten. Was ist daran auszusetzen, dass man es doof findet, wenn an einem 20. April die Temperatur nicht über 6 Grad steigt und es in die Obstblüte schneit? Wenn fast täglich seit Monatsbeginn die Wolken immer brav in der zweiten Nachthälfte auflockern und somit Boden- oder gar Hüttenfrost ermöglichen, während es tagsüber entweder wolkenverhangen, bis kurz vor Sonnenuntergang durch Hochnebel bedeckt bleibt oder wenn dann doch mal die Sonne scheint, eine kalte Bise durch Mark und Bein zieht? Sind mal 2-3 sonnige Tage ohne Bise oder Morgenfrost zu viel verlangt? Es muss auch für mich nicht gleich Dauer-Frühsommer wie 2020 und 2018 sein, aber dieses komplette Versenken der potenziell schönsten Zeit des Jahres macht mich grantig.
Es erschliesst sich mir nicht, was daran gut für die Natur (oder die Landwirtschaft) sein soll, wenn sie sich an die immer milderen Winter inklusive März anpasst und dann der April wieder vermehrt auf alte Schule macht oder noch schlimmer. 2021 war der kälteste April seit 20 Jahren, 2023 ist auf dem besten Weg, das noch zu unterbieten. Die Leute werden erst wieder erwachen, wenn einheimisches Obst im Sommer und Herbst sauteuer ist oder es gar keines gibt, wie vor zwei Jahren. Wobei nein: Diesen Zusammenhang sind die meisten heutzutage gar nicht mehr in der Lage, ihn zu erfassen. Man wird sich aber vielleicht noch an die verbreiteten Parolen erinnern: Dieser April war gut für die Natur. Vor allem für jene der Stromkonzerne - und das hat ja jetzt offenbar alleroberste Priorität, denn Strom sparen ist extrem mühsam.
Und um doch nicht ganz OffTopic zu bleiben: Nein, ich habe nichts dagegen, dass das Tessin endlich mal Regen bekommen hat. Ich dachte, das müsste ich nicht sonderlich erwähnen, war aber offenbar falsch gedacht...