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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
Severestorms
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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Beitrag von Severestorms »

Bin auch kurz aufgewacht (nachdem ich auf dem Sofa eingepennt bin -> dann wache ich immer mitten in der Nacht auf).

Vielleicht hat man sich gestern Nachmittag entschieden, nachdem ja die Prognose mit der aktuellen Wettersituation auseinanderzuklaffen drohte, nochmals einen Wetterballon hochzulassen.

Gute Nacht
Chrigi
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mosl ausm Allgäu
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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Beitrag von mosl ausm Allgäu »

Holladiewaldfee...

..jaja, ich weiß schon - um diese Zeit sollte jeder anständige Bürger schon schlafen. Aaaber: Ausderbeizzuspätrauskomm...Hund zum Pissen in den Garten...Blick wie immer nach oben...und: Blitzlerei aus NW.

Ich hätt' ja einiges erwartet aber das nun nicht mehr. Jetzt gibts erst mal nen Kaffee.

Gääähnennde Grüße,
mosl
weilswurschtiswasfürwetteris


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mosl ausm Allgäu
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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Beitrag von mosl ausm Allgäu »

Was ist DAS denn jetzt??

Urplötzlicher Windsprung von SW auf böigen NW. Die Front (zumindest interpretier' ich das als solche) zieht jetzt zügig auf.
Und mein schussfester, gewitter- und sturmerprobter Hund, der sonst überall was Interessanteres findet als mich weicht keine zwei Meter mehr von meiner Seite. Jetzt glaub'ich ihm einfach mal und geh rein.

Scheiße. Jetzt hats gekracht. Das war vermutlich einer der Hauptäste meines Uralt - Birnbaums. Was zum Teufel geht denn jetzt ab??

Da bin ich morgen mal auf unsere Synoptiker gespannt. Oder: Wer hat den Jet verbogen??

Danke schon mal im Voraus...
mosl
weilswurschtiswasfürwetteris

Philippe Zimmerwald
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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Beitrag von Philippe Zimmerwald »

@ Fabienne!

Gute Analyse der gestrigen "Gewitter"lage! Stimme dir voll zu. Es ist nicht das 1. Mal wo tiefe Theta-E-Werte (Mittelmeerluft) das Rhonetal raufschleichen. Verbarrikadiert das Rhonetal oder legt das Mitellmeer trocken! ;-) Nein, im Ernst, ohne Iberische Halbinsel gäbs wohl weniger häufig starke Gewitter, Stichwort "spanish plume", und ohne Rhonetal/nahes Mittelmeer im westlichen Mittelland wohl noch mehr. Erst im Spätsommer/Herbst, wenn das Wasser warm ist, ist das Mittelmeer ein Gewittersupporter.

Grüsse Philippe
Philippe Heiligenschwendi 1000m (ehemals Zimmerwald 899m)

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Michi, Uster, 455 m
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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Beitrag von Michi, Uster, 455 m »

Schön zu sehen auch die gewitterhemmende Inversion auf dem Payerne-Temp 00z:
Bild
Der GFS DI12z-Lauf zeigt diese Stabilisierung bei den 500 hpa/Temperaturen gut (wie auch die Aktivierung um 00z mit dem thermischen Trog über Süddeutschland):
http://www.sturmforum.ch/forum_uploads/ ... 073956.jpg
Gruss
Michl, Uster

harrie
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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Beitrag von harrie »

@Federwolke,

- als Laie -

Aber trotz diese tiefere theta-e Werte und reduzierte instabilität ins Rhonetal in die
12 UTC Analyse von GFS, berechnete das gleiche GFS von 12 UTC noch viel Gewitterregen
in BäWü, mit Ausläufer über die Nordschweiz. Und auch diese Niederschlag hat es
Gesternabend nicht gegeben, oder stimmt es nicht was ich da sage? Oder ist es so dass
GFS 12 UTC schon weniger Gewitter für die Schweiz dahin hatte als z.B. 12 Stunden vorher,
und es später noch "schlimmer" geworden ist? Auf jeden Fall ist es irgendwie komisch
dass für das scheitern eines Modelles man die Analyse von diesem gleichem Modell und Lauf
anschaut, worauf die Berechnungen doch gestützt sind! (Oder hat GFS 12 UTC nicht wirklich
gescheitert?) Die Ursachen für die schlechte Modellleistung würde man eher finden in die
Abweichungen zwischen die Analyse (Anfangsbedingungen)und die Realität, oder die unmittelbare
berechnete Grösse der Werte in die 3 bis 6 Stunden nach der Analyse. Nochmals, ich weiss
nicht in wie ferne GFS 12 UTC auch eine von dieser Modellen war welche die Sache nicht gut
eingeschätzt hat.

Wann man das anschaut, könnte es dann auch nicht so sein dass einfach die labilität auch
nicht gross genug war, weil die Temperaturen tiefer waren, als erwartet, wegen die schon
erwähnte geringere Strahlungsenergie? Gesternabend sah man dass ein Gewittercomplex über
das Genferseegebiet nicht abschwächte (dort war es 21 bis 23 Grad), aber weiter östlich
(östlich von Berner Oberland) dann schnell schwacher wurde, statt zu aktivieren.

Gruss

Harrie-Jan

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Tinu (Männedorf)
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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

Fabiennes Theorie klingt tatsächlich einleuchtend.

Allerdings ist mir eines trotzdem noch nicht klar. Wenn diese trockene Luft nun so unerwartet weit nach Norden vorgestossen ist, wieso hat es in weiten Teilen der Schweiz trotzdem praktisch den ganzen Tag geregnet? Hier am Obersee hat es vom Morgen, über den Nachmittag am Abend bis hinein in die Nacht immer wieder kräftige Regenschauer gegeben.

Das macht für mich irgendwie keinen Sinn: Trockene Luft und gleichzeitig Regenbänder am Laufmeter. Feuchtigkeit muss ja vorhanden gewesen sein, sonst hätte es nicht aus jeder kleineren bis mittleren Wolke rausgetropft. Oder wurden diese Niederschlags- und Gewitterbänder von dem System produziert, das noch vor dem eigentlichen Tief das Wetter bei uns beeinflusst hat?
Tinu (Männedorf ZH, 422 m ü. M)
Gewitter und Sturm = erhöhter Pulsschlag
Föhn-fasziniert


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Federwolke
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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Beitrag von Federwolke »

Hoi zäme

Also noch etwas ausführlicher, gestern Abend hatte ich zu wenig Zeit dazu.

Auf der 12z-Analyse oben sieht man, dass die trockene Luft noch ganz im Süden des Rhonetals liegt. Die weiteren Karten des GFS haben berechnet, dass diese Luft zum grössten Teil dort unten bleibt. Die feucht-warme Luft über Südwestfrankreich hätte demnach über das Burgund zur Nordwestschweiz und über den Schwarzwald ziehen sollen, darin eingelagert der Gewittercluster. Vorausgesetzt war eine geradlinige Zugbahn des Clustern nach Ost-Nordost. Nun passierte aber etwas, das ein Modell nur schlecht erfassen kann: Die Zelle baute im Süden an. Sie war schon am frühen Nachmittag sehr intensiv, beschattete also ihre Nordseite und kühlte diese gleichzeitig mit ihrem Outflow ab (das passiert bei solchen Systemen recht häufig). Dadurch begann eine bananenförmige Zugbahn (Rechtsabweichung) nach Osten. Statt ins Burgund zog die Zelle ins Rhonetal. Dort angelangt, zapfte der Sog der Zelle die trockene Luft im Süden an. Wäre die Zelle nördlicher gezogen, wäre dieses "verdursten" wahrscheinlich nicht passiert. Durch die orographische Hebung an den Savoyer Alpen wurde das System nochmal verstärkt, daher die kurzlebige starke Zelle im Unterwallis.

Zur Frage von Tinu bezüglich Regen tagsüber: Wir lagen die ganze Zeit in recht feuchter Luft, Hebung war vorhanden. Das reichte für kleinere vorlaufende Gewitter und Schauer. Die trockene Luft im Rhonetal erreichte die Schweiz nicht, sondern wurde in den Gewittercluster über Lyon integriert. Dies passierte aber erst gegen Abend, konnte also am Vormittag bis frühen Nachmittag keinen Einfluss auf unser Wetter haben.

Noch etwas zur Entwicklung in der Nacht: Wie bereits oben erwähnt, zog die feuchte Luft von Südwestfrankreich nördlicher und löste an der Luftmassengrenze über Rheinland-Pfalz, Südhessen und dem nördlichen Baden-Württemberg am Abend kräftige Gewitter aus. An dieser LMG entstand ein Teiltief, das rasch ostwärts zog. Auf seiner Rückseite rutschte die Kalftront allmählich nach Südosten und streifte in den frühen Morgenstunden die Nordostschweiz und beglückte unseren Mosl ausm Allgäu auf seinem Nachtspaziergang. Dies war dann wieder ganz gemäss den GFS-Prognosen.

harrie
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Beitrag von harrie »

Hoi Federwolke,

Danke für die Erklärungen. Ich glaube es ist mir klar; du denkst dass
das Modell dann eher gefehlt hat in Prozessen welche auf eine Skala kleiner als
eine Gridzelle vorgehen (oder eine Gruppe von solche Gridzellen), weil eine
Gewitterzelle nicht wirklich physikalisch simuliert wird.

Noch eine Frage: mit dieser Nordseitige Beschattung redest du über das
Gewitterkluster und die Entwicklungen in Frankreich (dass dort durch die Outflow
die Temperatur zu tief war). Ich frage mich ab wieso weiter nach Norden, ausserhalb
diesen Outflowbereiches, vielleicht auf die Grenze von dieser Outflow und besser
eingeheizten Luft noch weiter nördlich nicht noch andere Gewitterzellen enstanden sind?
Gibt es da eine Erklärung (habe die Karten nicht genauer angeschaut)?

Gruss

Harrie-Jan

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Federwolke
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Nowcasting Gewitter am 16.05.2006

Beitrag von Federwolke »

Ahoi Harrie-Jan

Hier die Situation gestern Abend, nachdem "unser" Cluster in die Westalpen geknallt war:

Bild

Es gab eine Gewitterlinie weiter nördlich entlang der Kaltfront (blau). Man erkennt sie an den Gewitter- und Schauersymbolen (violett) und den Wolkensymbolen für Cb (schwarz). Auch der Windsprung (Konvergenz) ist sehr gut zu erkennen und die genaue Position der Front daher recht gut zu bestimmen.

Die Frontgewitter und unser Cluster hatten direkt wenig miteinander zu tun. Dazwischen gab es eine relativ wolkenfreie und trockene Zone. Das ist nicht ungewöhnlich und tritt häufig zwischen einer vorlaufenden Konvergenzzone und einer Kaltfront auf. Es ist der Bereich, wo die in den beiden Systemen aufgestiegene Luft wieder absinken muss --> Wolkenauflösung bzw. Ausbildung einer Absinkinversion, die eine Bildung von grösseren Quellwolken in diesem Bereich verhindert. Der Himmel ist in diesem Bereich meist leicht bewölkt mit einem Stratocumulus-Altocumulus-Mix.

Der Bereich der Abschattung nördlich eines Clusters beträgt nur wenige Kilometer. In diesem Bereich fehlt die Aufheizung der bodennahen Luftschichten, und häufig fällt auch der kühle Outflow in diese Zone. Ist der Outflow zu wenig heftig, um die im Norden liegende Luft anzuheben, kann der Cluster auf dieser Seite nicht wachsen, sondern baut nur auf der sonnenbeschienenen Südseite an. Dadurch entsteht die bogenförmige Zugbahn nach ESE statt ENE.

Es sind also verschiedene Faktoren im Spiel, welche die Zugbahn eines runden Clusters (MCS oder MCC) bestimmen. Deren Vorhersage ist daher schwieriger als jene von Einzelzellen oder Squall-Lines, die in der Regel mit dem Wind im mittleren Bereich (3000 bis 5000 m) ziehen. Diese Eigendynamik wird von den Modellen offenbar noch zu wenig erkannt.

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