Re: WHO warnt !
Verfasst: Mi 29. Apr 2009, 19:53
Das Problem scheint zu sein, das das Virus zuerst zu einem gefährlichen mutieren muss, damit Impfstoffe hergestellt werden könnten.
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Ein Artikel der FAZ
FAZ
http://m.faz.net/;s=/Doc~EC112C31928474 ... ontent.xml
Was uns droht
Von Joachim Müller-Jung
29. April 2009
Von den ersten nachgewiesenen Infektionen deutscher Staatsbürger mit dem neuartigen Schweinegrippevirus darf man sich nicht täuschen lassen, auch nicht von der vorausgegangenen Erhöhung der Pandemie-Warnstufe durch die Weltgesundheitsorganisation - die Pandemie ist längst noch nicht unausweichlich. Eine verheerende weltweite Seuche ist nicht zwingend. Das ist eine der wenigen Feststellungen der Infektiologen, die von den stündlich erweiterten Meldungen über die Ausbreitung der neuen Virusvariante in der Welt geradezu erdrückt wird.
Aus den Erfahrungen mit den eingeschleppten Vogelgrippefällen mit dem H5N1-Erreger vor wenigen Jahren sollten die Bürger ihre Lehren ziehen. Für den Ausbruch einer Pandemie müssen mehrere Faktoren zusammenkommen. Über diese hat sich in den vergangenen Tagen immer noch nicht ausreichend Klarheit eingestellt. Die Fachleute wissen viel über das Gefahrenpotential des neuen H1N1-Subtyps, aber sie vermögen die tatsächliche Gefährlichkeit des Erregers noch nicht einzuschätzen.
Nicht gerade der typische Verlauf einer Pandemie
Die leichte und schnelle Übertragung von Mensch zu Mensch ist einer der ausschlaggebenden Faktoren, die zum Ausbruch einer Pandemie nötig sind. Was wir aber derzeit beobachten, ist auch eine Ansteckungswelle, wie man sie bald jeden Winter verfolgen kann und die für Influenza-Erreger bezeichnend ist. Nicht zuletzt wegen dieser Ausbreitungseigenschaften zählt der Grippeerreger zu den besonders gefährlichen Krankheitserregern - allerdings auch zu einem der am meisten unterschätzten Erreger, denn die "Grippesaison" erscheint vielen als Routine. Jeder glaubt für sich gerne, nicht zu den fünf- bis zehntausend Menschen im Land zu gehören, die in einer ganz gewöhnlichen Grippesaison zu beklagen sind.
Haben die Behörden also nach den Meldungen aus Mexiko überreagiert?
Angefangen von der Weltgesundheitsorganisation und der amerikanischen Gesundheitsbehörde, die als Erste einen Notfallstatus ausgerufen hat, bis zu den nationalen Expertenrunden, die für die mögliche Pandemie ein "Lagezentrum" in Berlin eingerichtet haben? Insbesondere nach der Korrektur der Zahl von Todesopfern in Mexiko auf weniger als ein Dutzend, die nachweislich auf die neue H1N1-Virusvariante zurückzuführen sind, drängt sich diese Frage auf.
Selbst wenn man die Zahl der einigermaßen verlässlich bestätigten Opfer von ein- bis zweihundert seit Februar zugrunde legt, scheint das für eine Infektionswelle in einer Zwanzig-Millionen-Metropole wenig geeignet zu sein, den Verdacht der Gefahrenüberschätzung zu widerlegen. Hinzu kommt, dass bis zum Mittwoch, als ein amerikanisches Kleinkind starb, alle gut dokumentierten Infektionen außerhalb Mexikos milde verlaufen sind. Das scheint nicht gerade der typische Verlauf einer Pandemie zu sein.
Ein neuer Virus
Die Schwierigkeit der Experten liegt darin, dass die längst nicht so lückenlosen medizinischen Dokumentationen in Mexiko eine sichere Einschätzung der Lage dort bisher nicht zulassen. Krankheitsvorgeschichten, Koinfektionen, Impfstatus der Opfer - vieles von dem, was für die Gefahreneinstufung benötigt wird, ist nur schwer zu beschaffen. Doch auch davon darf sich die Bevölkerung nicht täuschen lassen: Selbst bei der wünschenswerten Gewissheit über die tatsächlichen Todesraten und die gegenwärtige Virulenz des Erregers sind andere und durchaus alarmierende Fakten nicht aus der Welt zu schaffen.
Das wichtigste Faktum: Bei der H1N1-Variante handelt es sich um einen wirklich neuen Erreger, der mit so noch nie kombinierte Genelementen von Schweineviren sowie Vogel- und Menscheninfluenzaviren ausgestattet ist. Das allein in Verbindung mit der hohen Infektiosität macht ihn zu einer Gefahr. Historische Pandemien haben fast immer mit solchen neuen Viren begonnen. Und einige historische Seuchenzüge hatten anfangs auch einen milden Verlauf. Die Erreger verändern sich weiter, und in dem einen oder anderen "Mischgefäß", sei es Schwein oder Mensch, in dem sie sich ausbreiten, verleibt das Virus sich möglicherweise einen Genschnipsel ein, der seine Ansteckungs- und Überlebensstärke schlagartig steigert.
Noch keine Vorlage für die Impfstoffherstellung
Der Alarmismus der Behörden und die vorbeugenden Maßnahmen für den Pandemiefall sind deshalb alles andere als unangebracht. Reichen sie aber auch aus, fragen nun die Leute? Bund und Länder haben mit dem erstmals 2005 in Kraft gesetzten nationalen Pandemieplan zumindest die wichtigsten Voraussetzungen für die Bekämpfung geschaffen. Der Vorrat an Medikamenten, die für durchschnittlich ein Fünftel der Bevölkerung vorgesehen sind, genügt nach wissenschaftlichen Maßstäben im Ernstfall, um die am stärksten gefährdeten Menschen während der ersten Infektionswelle zu behandeln.
Auch an einem Pandemievirus stirbt nicht unweigerlich jeder Infizierte. Zwar werden auf die Impfstoffe die größten Hoffnungen gesetzt, aber dafür sind derzeit lediglich Vorarbeiten möglich. Nur der wirklich gefährliche Pandemievirus kann die Matrize liefern für die Impfstoffherstellung. Diese Vorlage gibt es aber noch nicht. Einige Hoffnung schöpfen Infektionsmediziner allerdings auch aus einem Umstand, der gar nicht zu planen ist: Der bevorstehende Sommer könnte eine mögliche Krankheitswelle deutlich abmildern.
Nach oben
F.A.Z.
dpa
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Grüsse
Urbi
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Was uns droht
Von Joachim Müller-Jung
29. April 2009
Von den ersten nachgewiesenen Infektionen deutscher Staatsbürger mit dem neuartigen Schweinegrippevirus darf man sich nicht täuschen lassen, auch nicht von der vorausgegangenen Erhöhung der Pandemie-Warnstufe durch die Weltgesundheitsorganisation - die Pandemie ist längst noch nicht unausweichlich. Eine verheerende weltweite Seuche ist nicht zwingend. Das ist eine der wenigen Feststellungen der Infektiologen, die von den stündlich erweiterten Meldungen über die Ausbreitung der neuen Virusvariante in der Welt geradezu erdrückt wird.
Aus den Erfahrungen mit den eingeschleppten Vogelgrippefällen mit dem H5N1-Erreger vor wenigen Jahren sollten die Bürger ihre Lehren ziehen. Für den Ausbruch einer Pandemie müssen mehrere Faktoren zusammenkommen. Über diese hat sich in den vergangenen Tagen immer noch nicht ausreichend Klarheit eingestellt. Die Fachleute wissen viel über das Gefahrenpotential des neuen H1N1-Subtyps, aber sie vermögen die tatsächliche Gefährlichkeit des Erregers noch nicht einzuschätzen.
Nicht gerade der typische Verlauf einer Pandemie
Die leichte und schnelle Übertragung von Mensch zu Mensch ist einer der ausschlaggebenden Faktoren, die zum Ausbruch einer Pandemie nötig sind. Was wir aber derzeit beobachten, ist auch eine Ansteckungswelle, wie man sie bald jeden Winter verfolgen kann und die für Influenza-Erreger bezeichnend ist. Nicht zuletzt wegen dieser Ausbreitungseigenschaften zählt der Grippeerreger zu den besonders gefährlichen Krankheitserregern - allerdings auch zu einem der am meisten unterschätzten Erreger, denn die "Grippesaison" erscheint vielen als Routine. Jeder glaubt für sich gerne, nicht zu den fünf- bis zehntausend Menschen im Land zu gehören, die in einer ganz gewöhnlichen Grippesaison zu beklagen sind.
Haben die Behörden also nach den Meldungen aus Mexiko überreagiert?
Angefangen von der Weltgesundheitsorganisation und der amerikanischen Gesundheitsbehörde, die als Erste einen Notfallstatus ausgerufen hat, bis zu den nationalen Expertenrunden, die für die mögliche Pandemie ein "Lagezentrum" in Berlin eingerichtet haben? Insbesondere nach der Korrektur der Zahl von Todesopfern in Mexiko auf weniger als ein Dutzend, die nachweislich auf die neue H1N1-Virusvariante zurückzuführen sind, drängt sich diese Frage auf.
Selbst wenn man die Zahl der einigermaßen verlässlich bestätigten Opfer von ein- bis zweihundert seit Februar zugrunde legt, scheint das für eine Infektionswelle in einer Zwanzig-Millionen-Metropole wenig geeignet zu sein, den Verdacht der Gefahrenüberschätzung zu widerlegen. Hinzu kommt, dass bis zum Mittwoch, als ein amerikanisches Kleinkind starb, alle gut dokumentierten Infektionen außerhalb Mexikos milde verlaufen sind. Das scheint nicht gerade der typische Verlauf einer Pandemie zu sein.
Ein neuer Virus
Die Schwierigkeit der Experten liegt darin, dass die längst nicht so lückenlosen medizinischen Dokumentationen in Mexiko eine sichere Einschätzung der Lage dort bisher nicht zulassen. Krankheitsvorgeschichten, Koinfektionen, Impfstatus der Opfer - vieles von dem, was für die Gefahreneinstufung benötigt wird, ist nur schwer zu beschaffen. Doch auch davon darf sich die Bevölkerung nicht täuschen lassen: Selbst bei der wünschenswerten Gewissheit über die tatsächlichen Todesraten und die gegenwärtige Virulenz des Erregers sind andere und durchaus alarmierende Fakten nicht aus der Welt zu schaffen.
Das wichtigste Faktum: Bei der H1N1-Variante handelt es sich um einen wirklich neuen Erreger, der mit so noch nie kombinierte Genelementen von Schweineviren sowie Vogel- und Menscheninfluenzaviren ausgestattet ist. Das allein in Verbindung mit der hohen Infektiosität macht ihn zu einer Gefahr. Historische Pandemien haben fast immer mit solchen neuen Viren begonnen. Und einige historische Seuchenzüge hatten anfangs auch einen milden Verlauf. Die Erreger verändern sich weiter, und in dem einen oder anderen "Mischgefäß", sei es Schwein oder Mensch, in dem sie sich ausbreiten, verleibt das Virus sich möglicherweise einen Genschnipsel ein, der seine Ansteckungs- und Überlebensstärke schlagartig steigert.
Noch keine Vorlage für die Impfstoffherstellung
Der Alarmismus der Behörden und die vorbeugenden Maßnahmen für den Pandemiefall sind deshalb alles andere als unangebracht. Reichen sie aber auch aus, fragen nun die Leute? Bund und Länder haben mit dem erstmals 2005 in Kraft gesetzten nationalen Pandemieplan zumindest die wichtigsten Voraussetzungen für die Bekämpfung geschaffen. Der Vorrat an Medikamenten, die für durchschnittlich ein Fünftel der Bevölkerung vorgesehen sind, genügt nach wissenschaftlichen Maßstäben im Ernstfall, um die am stärksten gefährdeten Menschen während der ersten Infektionswelle zu behandeln.
Auch an einem Pandemievirus stirbt nicht unweigerlich jeder Infizierte. Zwar werden auf die Impfstoffe die größten Hoffnungen gesetzt, aber dafür sind derzeit lediglich Vorarbeiten möglich. Nur der wirklich gefährliche Pandemievirus kann die Matrize liefern für die Impfstoffherstellung. Diese Vorlage gibt es aber noch nicht. Einige Hoffnung schöpfen Infektionsmediziner allerdings auch aus einem Umstand, der gar nicht zu planen ist: Der bevorstehende Sommer könnte eine mögliche Krankheitswelle deutlich abmildern.
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Urbi