Hi zusammen,
danke für die vielen tollen Bilder von diesem spannenden Gewittertag.
An jenem Donnerstag fuhren wir aus unserem Frankreichurlaub zurück nach Freiburg. Als wir vor ein paar Tagen in den Urlaub starteten, ließen die Modelle bereits erahnen, dass es am Donnerstag zu einer interessanten Gewitterlage kommen könnte. Allerdings sollte es noch vier Tage dauern, bis die Lage eintreten sollte. Seitdem hatte ich keinen Internetanschluss und somit keine Ahnung, was uns tatsächlich auf der Heimfahrt erwarten sollte. Wenigstens die Wettervorhersagen im französischen Abendfernsehen wiesen konstant auf Gewitter in der französischen Ost- und Südhälfte hin. Als am Mittwochabend im France 1 vor lokalen Unwettern gewarnt wurde, erschloss sich für mich, dass die Wetterlage vermutlich noch Ähnlichkeiten mit meiner letzten Modellkonsultierung hatte.
Vorab: es war eine sehr aufregende Heimfahrt mit Kontakt zu mindestens 4 größeren Gewittern, von denen mindestens 3 optisch superzellular waren und ein Gewitter vmtl. Teil einer ausgeprägten Squall Line war. Zu schaden, dass ich keinen Radarzugriff hatte, so dass während der Fahrt nur Spekulationen möglich waren.
Die Route:
Wie sich herausstellte, wurde es eine ausgesprochen spannende Heimfahrt. Unser Urlaubsort befand sich in der Sologne, wenig südlich von Orléans. Unsere Heimfahrt startete gegen 11 Uhr, führte über Landstraßen südwestlich von Gien nach Auxerre und von dort über die Autobahn nach Beaunne, anschließend weitere über Besancon nach Basel, ehe wir vor der Heimfahrt nach Freiburg gegen 18 Uhr noch einen kleinen Familienbesuch-Zwischenstopp in Schwörstadt am Hochrhein östlich von Basel einlegten. Wer die Wetterlage noch in Erinnerung hat, wird wissen, dass die Route quasi mitten im Estofex-Level 2 lag.
Das erste Gewitter:
Als wir in der Sologne starteten schien bei einem wolkigen Himmel noch zeitweise die Sonne. Östlich und südlich von uns waren bereits gegen 11 Uhr größere TCU zu erkennen, die rasch das Cb-Stadium erreichten. So kam es auch, dass wir in die Rückseite der ersten Gewitterschauer fuhren und dort zunächst aufgrund der langsamen Landstraßen und der hohen Zuggeschwindigkeit der Zellen nicht mehr herauskamen. Dies drosselte unsere Geschwindigkeit zusätzlich. Es gab einen fast einstündigen mehr oder weniger starken Core Punch mit zunehmender Blitzfrequenz. Als wir Auxerre erreichten gab es zudem erstmals Hagel und lokale Überflutungen. Auf der Autobahn angekommen gab es die erste trockene Pause, die auch gleich den Blick auf eine rotierende Aufwindbasis freigab. Dies zeigen die folgenden Bilder (keine tollen Aufnahmen, da Raststätte, Gewitterrückseite). Das Gebilde war kleiner, als ich dachte, rotierte jedoch rasch, war sehr tief und ausgesprochen dynamisch:
Wir fuhren rasch wieder auf die Autobahn und konnten mit Blick nach Osten einen besseren Blick auf den Aufwindbereich erhalten. Da nun bereits der gesamte Himmel von Cb-Schirmen verdeckt war, handelte es sich um keine prickelnd fotogene Aussicht. Immerhin wird die Dynamik dieser Zelle bei dem folgenden Bild offensichtlich und in der Bildmitte kann eine sehr tiefe Wall Cloud nicht ausgeschlossen werden.
Das zweite Gewitter:
Während wir noch das abziehende erste Gewitter sehen konnten fiel uns der doch sehr dichte Cb-Schirm auf. Ein untrüglicher Hinweis, dass noch mehr möglich war. Und so dauerte es auf der Fahrt nach Südosten nur kurz, ehe ein dichter Niederschlagsvorhang sichtbar wurde (Blick SW):
Hier ahnten wir bereits, dass es sich um eine stattlichere Zelle handeln könnte. Allerdings wollten wir die Fahrt nicht unterbrechen, so dass es ein Spiel mit dem Feuer war, ob wir mehr von dem Gewitter sehen sollten oder nicht. Das nachträglich heruntergeladene Radarbild (Quelle:
http://www.infoclimat.fr/cartes-meteo-t ... ml?i=radar) zeigt, dass es sich hier um eine besonders kräftige Zelle handelte:
Wir hatten Glück. Nur wenige Minuten nach dieser Aufnahme hatten wir fast freie Sicht auf eine sehr große Meso mit sehr tief hängender klassischer Wall Cloud.
Aufgrund des großen Cb-Schirms gab es auch hier keine freie Sicht, zudem störte das Gestrüpp. Dennoch sollte es hier nicht die geringsten Zweifel geben, dass es sich hier um eine Superzelle handelte, die aufgrund der tiefen Basis vmtl. Nicht ungefährlich war.
Trotz der schnellen Autobahnfahrt und der Entfernung war die Dynamik und Turbulenz der Zelle zeitweise mit bloßem Auge erkennbar.
Hin und wieder hing der Fraktus besonders tief nach unten. Einen Funnel konnten wir jedoch nicht entdecken. Es wäre im Nachhinein natürlich spannend gewesen, wenn wir doch einen Aussichtsplatt aufgesucht hätten.
Das dritte Gewitter:
Nachdem wir dieses zweite Gewitter gesehen hatten, dachten wir, dass wir die Südseite des Aktivitätsbereichs erreicht hätten und nun so etwas wie Ruhe einkehren würde. Pustekuchen… Es blieb zwar längere Zeit trocken, doch der Cb-Schirm verdichtete sich südöstlich von Avallon von SW her zusehends. Das Radarbild zeigt im Nachhinein eine Reihe von Zellen, die während unserer Fahrt zusammenwuchsen und sich zu einer ausgeprägten Squall Line mauserten. Zeitweise waren Bow Echo Strukturen (auf dem Radar) zu erkennen.
Nördlich von Beaunne zeigte sich dann erstmals, wo sich in dem Cb-Schirm stärkere Aktivitäten verbargen:
An dieses Gewitter sollten wir leider nicht mehr herankommen. Wir waren zu schnell und wollten nach Hause. Es hätte sich aber bestimmt gelohnt auch hier noch länger zu warten, insbesondere wenn man dieses letzte Bild der Linie im Raum Beaunne und die später bei Infoclimat gezeigten Bilder sieht:
Das vierte Gewitter
Nun wurde es wirklich ruhiger. Wir fuhren fast genauso schnell nach Osten wie sich der Cb-Schirm nach Osten ausbreitete. Zeitweise wehte sehr starker Süd- bis Südwestwind. Im Osten und Süden war es freundlich und die Temperaturen stiegen bis auf 27°C an. Erst bei Montbéliard zeigten sich vorlaufende neue Entwicklungen im Bereich des Juras. Dort entstanden zahlreiche TCU, die jedoch immer wieder von unten her abtrockneten. Dennoch war dies für mich ein eindeutiges Signal, dass vorlaufend der hinter uns liegenden Linie neue Gewitter entstehen würden. Hatte es sich also doch gelohnt, bei den vorherigen Gewittern nicht zu warten? Ja!
Zunächst konnten wir einen stattlichen TCU von Mulhouse aus in Richtung Freiburg erkennen, der sich rasch zum Cb mauserte. Dabei handelte es sich um die von Michael gezeigte Left Mover Superzelle, die später noch ins Schwäbische ziehen sollte. Da wir noch einen Abstecher an den Hochrhein machen wollten, war ich zunächst etwas gefrustet, da ich (ohne Kenntnis der Wetterlage) dachte nun wäre das Geschehen gelaufen.
In Schwörstadt östlich von Basel angekommen registrierte ich jedoch schwachen Ostwind, gleichzeitig vertiefte sich die Bewölkung bei Basel rasch und wurde dunkel. Das war ein unmissverständlicher Hinweis auf eine akute Starkgewittergefahr am Hochrhein. Der Hochrhein-Klassiker sozusagen. Ich hatte nicht viel Zeit, konnte mich aber kurz oberhalb der Stadt auf dem Dinkelberg positionieren und sah die nächste Superzelle des Tages:
Herrlich ausgeprägt war die Wall Cloud. Es donnerte fast ununterbrochen, wobei es sich hauptsächlich um Wolkenblitze handelte. Die Strukturen waren sehr schön, doch um einen absoluten Hingucker handelte es sich auch dieses Mal nicht. Zu dichte waren die umliegenden Wolken und der Schirm der alten Frankreichgewitter. Da gab es schon viel spektakulärere „Teile“… Das folgende Bild zeigt die Wall Cloud, die sichtbar rotierte:
Hier nochmals die Meso und der Aufwindbereich samt Wall Cloud, ehe ich leider den Aussichtspunkt verlassen musste. Dies tat ich, da ich nicht mit meinem eigenen Wagen unterwegs war und einen möglichen Hagelschaden aufgrund der auf mich gerichteten Zugbahn zu vermeiden.
In Schwörstadt angekommen konnte ich nun die Meso an einem suboptimalen Bobachtungspunkt weiter beobachten. Hier kam sie langsam aus der Deckung heraus…
… und drehte sich kräftig. Außerordentlich turbulent war das Ganze schon.
Nachdem ich das letzte Bild des Abends aufnahm, musste ich langsam in Deckung gehen. Stürmische Böen kamen auf und wenige Minuten später fing an zu schütten. Hagel gab es hier im Vergleich zu den nördlich und westlich gelegenen Ortschaften nicht.
Auch wenn die Gewitter mal wieder, zumindest zeitweise, alles andere als fotogen waren, handelte es sich um einen Gewittertag, den ich so schnell nicht vergessen werde. Die Saison 2012 ist bislang eine ziemlich gute, passend dazu reiht sich dieser Tag nahtlose ein

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Beste Grüße, Thies