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[FCST/NCST] Gewitter/Downbursts/Hochwasser ab 12.07.2021

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
Westwindwetter
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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von Westwindwetter »

Markus Pfister hat geschrieben: Fr 16. Jul 2021, 14:02 Warum soll eine globale Klimaerwärmung nicht mehr Feuchte mit sich bringen? Ist immerhin ein Planet mit 71% Wasseroberfläche und die Schweiz nicht so weit entfernt davon.
Das denk ich aber auch. Manche Dinge in der Meteorologie und in der Klimatologie sind ja tatsächlich sehr komplex. Andere Zusammenhänge, und die reichen aus, um den Klimawandel ganz grundsätzlich zu verstehen, sind relativ simpel und setzen allenfalls einen mittleren Bildungsabschluss voraus.

Aber ich vermute einfach, dass die Relativierer diejenigen sind, die sich am allermeisten vor den künftigen Realitäten fürchten...

Marco SG
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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von Marco SG »

Danke für diese angeregte Diskussion, welche gegebenenfalls ja in einem separaten Thread weitergeführt werden kann. Mich haben die letzten Tage zwei Punkte persönlich genervt:
  • 1) Bevor in irgendeinerweise eine vertiefte meteorologische Analyse eines Schadensereignisses vorgenommen wurde, hat man vielerorts gleich Klimatologen vorgelassen, die das spezifische Ereignis dem Klimawandel zugeschrieben haben. Versteht mich nicht falsch, das Klima verändert sich, das belegen genug Daten. Das verharmlose oder leugne ich keinesfalls! Aber Korrelation und Kausalität ist in Bezug auf ein gerade erst geschehenes Ereignis schlichtweg noch nicht im Ansatz wissenschaftlich geprüft und belegt oder widerlegt. Die klassische Frage im TV oder sonstwo war: "Müssen wir uns nun mehr auf sowas einstellen?" Jegliche andere Parameter wurden nicht berücksichtigt, das beste war die Dame im 10vor10 vom 13.07.2021, wo selbst der Moderator den Aussagen aufgrund Argumentation und Sprachbarriere nicht mehr folgen konnte (vgl. Minute 7:15 in der Sendung unter https://www.srf.ch/play/tv/redirect/det ... rtTime=435).

    2) Die Hochwasser, welche den meisten noch in Erinnerung sind (namentlich 1999, 2005 und 2007) wurden gleich als Vergleich hergenommen. Dabei waren diese Ereignisse anderer Ursache. Tinu (Männedorf) hat dies im eingefügten Artikel explizit beschrieben. Mit der heutigen Push-Nachrichtenwelt schreiben die grossen Portale nun schon täglich immer wieder erneut "Pegel hat kritische Marke überschritten". Dabei ist die Referenz immer wieder eine neue, welche "kritische Marke" nun gemeint ist, erschliesst sich dem gemeinen Leser oft nicht.
Mit Blick auf Deutschland ist dies fast identisch, insbesondere der Punkt 1. Gestern jagten Klimatologeninterviews durch die Presse, bevor denn überhaupt die Rettungskräfte die hintersten Ortschaften erreichen konnten - ebenso in ARD & ZDF. Positiv zu erwähnen bleibt der ARD-Brennpunkt gestern Abend, welcher Ursachenforschung betrieb und die Wetterlage einfach verständlich aufbereitete.

https://www.daserste.de/information/nac ... d-102.html (insbesondere ab Minute 4:50).

Soviel Medienschau für den Moment. Danke erneut an meine Vor-Poster für die spannenden Inputs.
Zuletzt geändert von Marco SG am Fr 16. Jul 2021, 14:49, insgesamt 1-mal geändert.


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Bernhard Oker
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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von Bernhard Oker »

Höhenkaltluft direkt über der Schweiz:
Bild

Gruss
Bernhard
Bernhard Oker - Urdorf (ZH/CH) - Meine Webseiten "Never Stop Chasing!"

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Marco (Oberfrick)
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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von Marco (Oberfrick) »

Ja die Höhenkaltluft wirkt. Ein recht Wasserhaltiger Schauer direkt über Basel, hatte 2 Donner im Gepäck, sehr tiefe Wolkenbasis und brachte doch 5mm innert 15min. speziell die Winddrehung in der Höhe hat stattgefunden, weil der Schaue kam jetzt aus Nordosten auf Basel zu.

Jetzt kommt die Sonne wieder hervor.
Zuletzt geändert von Marco (Oberfrick) am Fr 16. Jul 2021, 15:29, insgesamt 1-mal geändert.
Aus dem Schönen WINTERthur-Seen 480m.ü.M.
Seit 2017 im Frickital Zuhause ;-)

Markus Pfister
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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von Markus Pfister »

Ja, Hochwasser/Trockenheit ja/nein hat viel mit Wetterlagen und Strömungsmustern zu tun, und es kann durchaus sein, dass eine schwächere Höhenströmung im Sommer über Mitteleuropa zum Beispiel vermehrt zur Wetterlage Hoch Britische Inseln führt, und damit auch in Teilen der Schweiz die Niederschläge fehlen, wie zuletzt mit der endlosen Bise. Dieses Jahr, wo alle vom schwächeren Jetstream reden, scheint sich dieser indes gut erholt zu haben, und wir hatten einen Frühling und jetzt einen Sommer mit relativ viel Höhenwind und wenig Höhenwärme. Das ist entgegen dem vermuteten Trend zuletzt, wo (auch von mir) noch die Rede davon war, dass wir jetzt immer häugier und länger im Subtropenhoch verbleiben könnten. Nun hat es also wieder umgeschlagen, und man wird sehen, ob und was das mit der Klimaerwärmung zu tun hat. Mich stört es nur, wenn von Trockenheit als vom "typischen Bild" der erwarteten Auswirkung der Klimaerwärmung in der Schweiz gesprochen wird, obwohl wir dieses Bild ganz offensichtlich nicht kennen. Und das "völlig andere Wetterlage" bezüglich August 2005 ist auch unglücklich formuliert, wenn man die ERA5-Karten ganz zu Beginn dieses Threads anschaut.
Zuletzt geändert von Markus Pfister am Fr 16. Jul 2021, 16:38, insgesamt 1-mal geändert.

Westwindwetter
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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von Westwindwetter »

Was mir da noch ganz grundsätzlich auffällt:

Etliche Klimatologen, vor allem die, die medienwirksam unterwegs sind, neigen gerne dazu, aktuelle Beobachtungen und Trends in die Zukunft fortzuschreiben.

Ich bin vor über 30 Jahren zu dem Thema gestoßen, da hatten wir gerade eine Kette von Westlagen-Wintern. Ständig Dauerregenhochwasser, öfter Stürme.

Und was geisterte durch die Medien? "Das ist ab jetzt das neue Normal"

Plötzlich dann, nach dem Super-El-Nino 1998 war vorrübergehend kein Erwärmungstrend mehr sichtbar und es gab eine Serie von Wintern, wie wir sie lange nicht hatten. Dann hieß es: "Ja, so kann es jetzt häufiger werden."

Dann kam die große und lange Dürre-Phase, unterbrochen von kurzen Starkniederschlagsphasen im Winter. "Ha, das ist das neue Muster, der Jet-Stream! So bleibt es jetzt wohl!"

Für mich steht nach all den langen Jahren und den vielen Großwetterlagenbeobachtungen nur eins fest: Das "neue Normal", so es denn überhaupt eins geben wird und kann, ist jetzt, in dieser Phase des absoluten Umbruchs, der auftauenden Arktis, des Süßwassereintrags in den Golfstrom, etc. auf keinen Fall fix.

Ja, wir beobachten Veränderungen, wir beobachten Phasen, aber wir können nicht sicher sein, dass der aktuelle Trend zu Blockaden, eingefahrenen Wetterlagen, langsam ziehenden Tiefs oder auch nur Gewitterclustern in 5 oder 10 Jahren überhaupt noch gültig ist.

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Haene
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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von Haene »

Sali zäme

Zwischendurch wieder ein Bilderbericht im Zusammenhang mit dem Hochwasser am Vierwaldstättersee, dieses Mal die Reuss zwischen Zufluss Kleine Emme und Luzern.

An einigen Stellen habe ich Vergleichsbilder vom 28.10.05 (war damals mein Arbeitsweg). Der Pegel an der Geissmattbrücke, Luzern für den 28.10.05 war 430.72 m. Der Pegel gestern war 433.75 m, etwa 3 m Differenz.

Ich ging von Littau Richtung Luzern. Die Reuss war bis zur Fussgängerüberführung über die Bahnlinie nicht erreichbar, weil gesperrt. Darum habe ich Bilder erst ab unterhalb der St. Karli-Brücke.

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Die Bahnbrücke der Linie Richtung Zürich.

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Die Reuss mit Pontonier-Hüsli mitten in der reisenden Strömung.

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Die Bahnbrücke und das Ponier-Hüsli (Teil) bei niedrigem Wasserstand zum Vergleichen.

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Ein überfluteter Fussweg, das untere Ende…

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…und das obere Ende. Hinter der Mauer links, im oberen Bild rechts mit den Fenstern ist eine Tiefgarage.

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Die Reuss beim Sentimatt-Quartier.

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Die Autobahnüberführung. Die neuen Lärmschutzwände reflektieren die Reuss. Wenn das Absicht ist, haben sich die Planer was Gutes überlegt. Denn es sieht genial aus. Im Video kommt es besser zur Geltung.

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Hier zum Vergleich das Bild vom 28.10.2005 mit niedrigem Wasserstand.

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Das Haus ganz links…

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…ist hier ganz Rechts. Beim oben abgebildeten Hochwasser befindet sich der Pegel bei der mittleren Strebe am Geländer.

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Bei der Geissmattbrücke, hier gibt es kein Durchkommen. Die schwarz, weissen Fähnlein gehören zur Messstelle.

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Die Reuss ab der Geissmattbrücke.

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Eine Sonde der Hydrologen.

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Die Kraft der Strömung wird an der Mauerecke sichtbar. Das einstöckige Gebäude links ist…

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…das ganz rechts.

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Hochwasserabwehr mit Plachen….

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….und Beaver-Schläuchen.

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Die Reuss ist zum Teil bereits schon übervoll.

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Wenn diese Hochwasserabwehr nicht wäre, würde das Wasser hier in die Keller laufen.

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Auf dem Rückweg nach Littau noch ein Bild der Spreuerbrücke.

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Man sieht oft, wie Personen im Fluss von Luzern nach Littau schwimmen (vor der Einmündung der Kleinen Emme gibt es jetzt ein Flussbad). Jetzt ist das Lebensgefährlich, denn es hat immer wieder solche Wirbel in der Strömung.
Und zum Schluss noch die Einmündung der Kleinen Emme in die Reuss.

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Der obere Lauf…

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…und der untere Lauf.

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Panoramaansicht der beiden Flüsse. Die Kleine Emme hatte zu dieser Zeit etwas über 100 m³/s Abfluss.

Übrigens, am 24.08.2005 flossen 470 m³/s in der Reuss an der Geismattbrücke vorbei. Bei einem Pegel im Vierwaldstättersee von 435.21 m. Heute fliessen im Moment 475 m³/s in der Reuss, obwohl der Pegel des Sees ‚nur‘ 434.91 m hat. Dies weil bei der Renovation des Nadelwehrs im Jahr 2010 die Flusssohle abgesenkt wurde. Wir haben also in der Reuss von Luzern bis zur Einmündung der Kleinen Emme ein vergleichbares Hochwasser wie im August 2005.

Liebe Grüsse von Hans-Jörg
Häne, Küssnacht am Rigi, 453 m.ü.M.


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Jeannette
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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von Jeannette »

Heute Mittag um 13.04 Uhr, ziemlich nah:

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Federwolke
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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von Federwolke »

Danke für die angeregte Diskussion. Man muss allerdings aufpassen, dass man dabei nicht in den "schlechtes-Wetter-gab-es-schon-immer"-Duktus, nur einfach auf höherem Niveau als in den üblichen Kommentarspalten, gerät. Ich bin und war auch schon immer dagegen, jedes Einzelereignis sofort dem Klimawandel zuzuschreiben. Doch inzwischen finde ich diese Diskussion angesichts der sich immer schneller und extremer häufenden, geradezu pulverisierenden Rekorden in sämtlichen Kategorien in allen Klimazonen rund um den Erdball müssig.

Der Bielersee hat inzwischen einen neuen Rekordpegel seit der 2. Juragewässerkorrektion erreicht. In Bern haben wir seit gestern innerhalb von 22 Jahren das 5. Ereignis mit einer Jährlichkeit von 30 Jahren und das 3. mit einer Jährlichkeit von 100 Jahren: https://www.hydrodaten.admin.ch/lhg/sdi ... 2135hq.pdf Und dies trotz massiv ausgebauter Hochwasserschutzmassnahmen wie besseren Prognosen, vorsorglicher Seeabsenkung, Hochwasserstollen, Flussaufweitungen, Retentionsflächen etc. Dabei haben wir bei der aktuellen Wetterlage noch das extreme Glück gehabt (Achtung: Sankt-Florian-Prinzip!), dass sich die Luftmassen mit dem höchsten niederschlagbaren Wassergehalt von 45-50 :!: kg/m² nordwestlich von uns ausgeregnet haben und die Reste davon danach westlich von uns durchgezogen und nicht mit voller Wucht in den Nordstau der Alpen gekracht sind. Tiefkern 200 km östlich und die Schweiz und der Schwarzwald sähen heute schlimmer aus wie Teile Nordwesteuropas.

Man muss heutzutage schon mit einer ordentlichen Portion Blindheit und Ignoranz geschlagen sein, wenn man die Auswirkungen des Klimawandels nicht sehen will. Und ja, die Sondersendungen bzw. Interviews in den Nachrichtensendungen der letzten Tage lösten bei mir teilweise erhebliche Fremdschäm-Gefühle aus. Vor allem das Gestammel und die offensichtliche Ahnungslosigkeit zum Thema mancher Moderatorinnen und Moderatoren, die schon mal zu völlig falschen Fragestellungen geführt hat bzw. zur Unfähigkeit, dort nachzuhaken wo es interessant geworden wäre.

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Re: [FCST/NCST] Gewitter/Hochwasser ab 12.07.2021

Beitrag von mono (Zürich) »

Off Topic
Ein bisschen off-topic, hätte jemand zufällig gerade einen link zur Hand, der dies https://twitter.com/cgrams_lsdp/status/ ... 0339476487 ("equatorward ascending warm conveyor belt” & cut-off) etwas erläutern würde? Konnte auf die Schnelle nichts Laientaugliches finden. Merci!

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