Sommerbilanz mit Fokus auf den Kanton Zürich, natürlich wie immer auch fürs Sturmforum.
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Im Süden des Kantons Zürich war der Sommer 2021 der nässeste seit Messbeginn. Und: Noch nie wurden so viele Gewittertage registriert.
Der Sommer 2021 war in vielerlei Hinsicht denkwürdig. Gewitterzüge mit Hagel und Orkanböen zogen über den Kanton Zürich und richteten teils verheerende Schäden an. Auf sintflutartige Regenfälle folgten Überschwemmungen und Hochwasser. Die meisten Zürcherinnen und Zürcher dürften den Sommer als kühl und «verschifft» empfunden haben. Aber war er wirklich so extrem?
Ein Sommer ohne Hitzewellen
Die Auswertung der Daten der Meteo-Schweiz-Wetterstationen in Zürich-Fluntern, Kloten und Wädenswil zeigt, dass der Sommer 2021 keineswegs zu kühl war. Im Gegenteil: Nimmt man die Monatsdurchschnittstemperatur als Richtwert, war der diesjährige Sommer im Vergleich zur Referenzperiode 1981–2010 etwa 0,4 Grad zu warm. Zieht man eine frühere Referenzperiode wie 1961–1990 heran, ist der Wärmeüberschuss mit rund 1,5 Grad sogar noch markanter.
So viel Regen und Nässe und dennoch war der Sommer wärmer als üblich? Das klingt unlogisch, ist aber erklärbar.
Einerseits haben sich die Sommermonate seit dem «Klimasprung» Ende der 1980er-Jahre – als sich die Durchschnittstemperatur in der Schweiz sprunghaft erhöhte – markant erwärmt. «Das Temperaturniveau liegt heute etwa zwei Grad höher als zur Mitte des letzten Jahrhunderts», sagt Meteo-Schweiz-Klimatologe Stephan Bader.
Der Sommer 2021 mag zwar als kühl empfunden worden sein. Er war aber deutlich wärmer als die Sommer, die in den 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts die Regel waren.
Hinzu kommt, dass es im letzten Jahrzehnt eine Häufung von Sommern gab, die teils extreme Hitze- und Trockenperioden gebracht haben. So zum Beispiel in den Jahren 2015, 2017 und 2018. Diesbezüglich stellt der Sommer 2021 eine Zäsur dar. «Es gab schlichtweg keine auffälligen Hitzephasen», betont Bader.
Warme Nächte geben den Ausschlag im Juni
Schaut man sich die drei Sommermonate im Einzelnen an, fallen grosse Unterschiede auf.
Der Juni war in den Niederungen des Kantons Zürich im Vergleich zur langjährigen Norm (1981–2010) markante 2,5 Grad zu warm. Grund dafür war, dass immer wieder feuchte und sehr warme Luftmassen aus den Subtropen zur Alpennordseite geführt wurden. Im Flachland des Kantons Zürich gab es im Juni je nach Standort drei bis vier Hitzetage (maximale Tagestemperatur über 30 Grad) und 15 bis 16 Sommertage (maximale Tagestemperatur über 25 Grad). Normalerweise ist mit ein bis zwei Hitzetagen und acht bis zehn Sommertagen zu rechnen.
Die Tagestemperaturen lagen im Juni praktisch immer im sommerlichen Bereich. Gleichzeitig kühlte es in der Nacht wegen der oft vorhandenen Bewölkung nicht richtig ab. Das zeigen auch die Daten der Wetterstation Zürich-Fluntern: «Die durchschnittliche Minimumtemperatur lag mit 14,1 Grad sehr hoch», sagt Stephan Bader. Dieser Wert wurde bisher nur in den Jahren 2017 und 2003 übertroffen.
Die Juni-Wärme konnte bis zum Ende des Sommers nicht mehr kompensiert werden – obwohl Juli und August eher kühl waren.
Gemäss den Meteo-Schweiz-Daten lag die Monatsdurchschnittstemperatur im Juli im Flachland je nach Messstandort 0,5 bis 0,8 Grad unter der Norm (1981–2010). Die Zahl der Sommertage (neun bis elf) entsprach etwa dem langjährigen Durchschnitt. Hitzetage wurden keine gemessen – normalerweise sind es im Juli ein bis zwei.
Der August war ähnlich kühl wie der Juli (etwa 0,6 Grad unter der Norm). Zwei Hitzetage und je nach Messstandort sieben bis acht Sommertage stehen zu Buche. Einen vergleichbar kühlen August gab es letztmals 2014.
Gewittertage en masse und Rekordnässe am Zürichsee
Der Regen war das prägende Element des Sommers 2021 – in all seinen Facetten.
In Wädenswil regnete es in den drei Sommermonaten insgesamt 745 Millimeter – so viel wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 1961. «Es ist der erste Sommer überhaupt, in dem wir an dieser Station mehr als 700 Millimeter registriert haben», sagt Klimatologe Stephan Bader. Im langjährigen Durchschnitt fällt in Wädenswil von Juni bis August etwas weniger als 500 Millimeter Niederschlag.
Auch in Zürich-Fluntern und Kloten regnete es deutlich mehr als üblich (etwa 130 Prozent im Vergleich zur Klimanorm). Diese Mengen sind jedoch nichts Spezielles. «In der jüngeren Vergangenheit gab es hier deutlich nassere Sommer», sagt Bader.
Extrem nass war vor allem der Juli. Er brachte es in Zürich und Wädenswil auf mehr als das Doppelte der üblichen Regenmenge, dies nach einem bereits sehr nassen Frühling. Entsprechend führten die Zürcher Flüsse und Seen im Juli Hochwasser. Der Zürichsee erreichte den höchsten Pegelstand seit mehr als 20 Jahren.
Warum aber reichte es in Wädenswil für einen neuen Regen-Rekord, nicht aber in der nur wenige Kilometer entfernten Stadt Zürich?
Das hat vor allem mit der Topografie zu tun. Die obere Zürichseeregion liegt im Einflussbereich der Voralpen-Gewitterschiene. Auf dieser Schiene, die vom Berner Oberland über das Napfgebiet bis zum Alpstein führt, ziehen in den Sommermonaten häufig Gewitter von West nach Ost. Das führt dazu, dass die sommerlichen Niederschlagsmengen im Süden des Kantons Zürich generell höher sind als im Norden.
Weil der Sommer 2021 sehr gewitterhaft war, kam dieser Effekt noch viel stärker zum Tragen als sonst. Das zeigt sich eindrücklich in der Statistik. In Wädenswil wurden in diesem Sommer 20 Gewittertage registriert. Auch das ist ein Rekordwert. Bisher lag dieser bei 18.
Ein Gewitter-Rekordjahr kann aber auch die Stadt Zürich aufweisen. In Zürich-Fluntern wurden 18 Gewittertage gemessen – der bisherige Rekord lag bei 17. Ein besonders heftiges Gewitter überquerte die Stadt mitten in der Nacht am 13. Juli. Es sorgte mit Hagel und Orkanböen für Millionenschäden an Gebäuden, Infrastruktur und Vegetation.
Kaum Sonne, kühle Wassertemperaturen
Meteo Schweiz misst an seinen Wetterstationen im Kanton Zürich nicht nur Regen, Temperatur und Wind, sondern auch die Sonnenstunden. Die Analyse dieser Daten zeigt, dass der Sommer 2021 eher auf der trüben Seite war.
In Zürich wurden von Juni bis August 565 Sonnenstunden gemessen, etwa zehn Prozent weniger als im langjährigen Mittel. Der trübste Monat war der August – er brachte mit 146 Sonnenstunden in Wädenswil nur etwa 70 Prozent des üblichen Sonnenscheins.
Der moderate Sommer 2021 wirkte sich auch auf die Wassertemperaturen aus. Weil längere Hitzephasen ausblieben, erwärmte sich die oberste Wasserschicht des Zürichsees weitaus weniger stark als in den Jahren zuvor. Das zeigen die Messdaten des Zürcher Amtes für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel).
An der Messstation Oberrieden wurde die höchste Wassertemperatur des Sommers mit 24,9 Grad bereits am 18. Juni erreicht. Im Juli kühlte sich das Wasser dann phasenweise bis auf 18 Grad ab. Zum Vergleich: In den trockenen und heissen Sommern 2015 und 2018 erwärmte sich das Zürichseewasser nahe der Oberfläche auf 26 bis 27 Grad.
Tinu (Männedorf ZH, 422 m ü. M)
Gewitter und Sturm = erhöhter Pulsschlag
Föhn-fasziniert