Hallo zusammen
Gestern hatte ich mit Gewittern in der Schweiz nicht gerechnet. Wie könnte ich auch; habe ich doch tags zuvor noch das Föhndiagramm (siehe unten, gültig auch für Sa / So) gepostet und beschränkte mich auf eine NS-Vorhersage (bez. KF) für eine Freundin, die heute ein Gartenfest organisiert hat.
Als dann um 10 56 Uhr der Gewitter-Forecast-Thread von Willi eröffnet wurde.....
http://www.sturmforum.ch/viewtopic.php?f=2&t=7742
....und Groenemaijer, einer meiner beiden Lieblings-Forecaster bei Estofex, die Schweiz unter Level 1 setzte, war ich schon ziemlich irritiert. Hatte ich da irgend etwas übersehen?
Eiligst begann ich um ca. 14 00 Uhr alle Karten zu studieren, sah zwar, dass für die Schweiz kaum Chancen für (chasingfähige) Gewitter bestehen, entschloss mich aber dennoch für eine Jagd nach Westen in Richtung Frankreich und Roland Morgenthaler war sofort dabei.
Bei Keraunos hatte ich von der höchst interessanten Lage und Intensität der Jet-Achse gelesen; und siehe da: Potential für Funnels und Tornados (bei GFS) war vorhanden - und so etwas lässt man sich doch nicht entgehen
Wohl relativ schwierig war die Einschätzung der "Fasnachtsdekoration" über Europa, die beim DWD sehr schön zu sehen ist; fehlten nur noch die Konfetti!
Irgendwie war mir aber klar, dass der erste KF-Durchgang um 12z die Schweiz nicht sonderlich betreffen wird, denn das Nordseetief verlagerte sich genau nordwärts, zog also die KF nur im Tailend-Bereich nördlich über die Schweiz.
Im Sat24-Bild gut zu erkennen:
Das Teiltief vor der bretonischen Küste (12z) war ziemlich zügig ostwärts unterwegs, mit einem Warmfrontsektor im Gepäck (07.08.11, 00z). Man sieht sehr schön die 2. KF über Frankreich, welche in Richtung Schweiz unterwegs war.
Der Verlauf dieser 2. KF ist in den 850er-TheteE-Karten sehr schön zu erkennen (12z mit Teiltief vor der Westküste Frankreichs und später um 00z).
Aufgrund der Niederschlagssignale, ging ich von einer präfrontalen Auslöse entlang des Juras in den Abendstunden aus, was übrigens relativ gut modelliert war.
Auch bei Cosmo2 zu sehen (23 00 MESZ):
Ich komme nun nochmals auf die Schweiz am Nachmittag/Abend zu sprechen:
Bei diesen CAPE- und CIN-Werten (bei GFS) ist die Gewitterwahrscheinlichkeit Null.
10m-Wind und rel. tiefe TP's bei GFS..... = Föhn
Warum ich nun all diese Kärtchen poste und einen Versuch der Analyse mache, entsteht auf dem Hintergrund der Frage, weshalb am Nachmittag es eine Zelle vom Napf entlang der Voralpen bis an den östlichen Bodensee geschafft hat - und in der fast tropischen Schwüle vor meinem Haus in Winterthur sichtbare Konvektionsversuche stattfanden.
WRF hatte durchaus CAPE drin (wenn auch nicht üppig):
Einige Ac-Felder am Bodensee kündigten eine mögliche Entwicklung auch an:
Und in den ANETZ-Karten sieht man sehr schön die lokal begrenzten <2000 J/kg CAPE in der Ostschweiz.
Dies ist aber, für sich alleine betrachtet, noch kein Garant für Gewitter.
Als Auslöseursache (quasi trotz Föhn), sehe ich eine signifikante Bodenkonvergenz, unter Mithilfe orografischer Bedingungen.

Beachtliche TP's am Bodensee von 19° C, auf 850 hPa 85% RH und auf 700 hPa "nur" noch 60% RH..... (poste hier nicht alle Kärtchen). Was war da los?
Wenn man sich aufgrund der folgenden ThetaE-Karte noch den vertikalen Temperaturgradienten vorstellt.....
Roland Morgenthaler und ich standen rückseitig dieser Zelle, die sich nach St- Gallen vorarbeitete, allen CIN-Werten trotzend. Dahinter - so heftig habe ich es selten beobachtet - drückte der Föhn, sodass wir binnen weniger Minuten bis in die Glarner-Alpen blicken konnten und die Bedeckung über uns regelrecht weggeknabbert wurde.
Für uns ging es also nur noch um die Entscheidung, ob wir diese Zelle (Linie)...
.... oder die prognostizierten Gewitter am Jurasüdfuss abfangen sollten.
WRF vs. GFS
Da war sie, die kleine "Wurst", mit den ersten Blitzen drin:
Wir fuhren nach Orbe / Vallorbe, am Jurasüdfuss und schon auf Höhe Payerne sahen wir die Blitze am Horizont.
Nur rd. 7 Minuten, nachdem wir dort ankamen, hatte die Linie die Schweizer Grenze passiert und wir hörten die gewaltigen Donner der CG's, die rd. 5 km westlich von uns einschlugen. Dann ein CC über unseren Köpfen; ich riet ins Auto zu gehen, es begann auch zu regnen. Punktlandung, denn der Rest der Linie war inzwischen nicht mehr elektrisch.
Und von 100 auf 0 klappte die Zelle vor uns zusammen....; Ratlosigkeit. Die Energiezufuhr wurde von irgend wo her abgewürgt.

Deshalb kein Video und kein Foto....
Gruss Cyrill