Kurzes Resumée
Gemäss meiner Einschätzung nach wurden die beiden Stürme (Fränzi und Gerda) betreffend Windgeschwindigkeiten recht gut eingeschätzt. Fränzi war nicht unbedingt schwächer als angenommen. Das Sturmtief wurde allerdings bereits am Abend abgeschrieben, nachdem die vorhergesagten Winde ausblieben. Man verliess sich wohl zu sehr auf den Zeitpunkt des Eintreffens denn auf die geproggten Windgeschwindigkeiten. Der Sturm kam, aber spät. Es war ein "gewöhnlicher" Wintersturm mit starken Winden in der Höhe (Orkan) und Sturmwinden im Tiefland zwischen 70 und 110 km/h. Da sich die stärksten Windböen aber nur vereinzelt zu den bodennahen Luftschichten durchkämpfen konnten (Luftschichten noch zu wenig labil -> siehe auch gute Erklärung von Markus Pfister), blieben Sturmschäden grösstenteils aus. Und dies ist ja bekanntlich ein nicht unbedeutender Gradmesser für die Medien, ob ein Sturm stark war oder nicht. Kommt hinzu, dass das Hauptsturmfeld die Nordschweiz mitten in der Nacht getroffen hat, wo viele den Sturm einfach verschliefen. Zu Verkehrsproblemen konnte es gar nicht kommen. Aus diesen Gründen und wohl auch, weil korrekte Wetterdienst-Berichte von den Medien verwechselt oder einfach unüberlegt abgeschrieben wurden, hiess es am Montag, der Sturm war schwächer als von den Meteorologen vorausgesagt (tragisch für das Image der Metis).
Der heutige Sturm Gerda kam etwas früher, wütete vor allem in der Nordwestschweiz und war tatsächlich etwas stärker als der gestrige. So gab es auch einige Sturmschäden zu verzeichnen, genau wie vorhergesagt.
Ich finde eigentlich im Grossen und Ganzen die bisher von den Meteorologen geleistete Arbeit als lobenswert und die Warnungen angemessen. Frühe Warnungen sind nicht verwerflich, im Gegenteil. Ich habe die jeweiligen Warnungen von SFDRS Meteo, Meteoschweiz und der Unwetterzentrale aufmerksam gelesen und finde nicht, dass übertrieben wurde. Man blieb stets sachlich, zeigte aber auch das mögliche Worst-Case Szenario auf. Es wurde sogar extra darauf geachtet, einen Vergleich zu Lothar von vorn herein zu unterbinden, um keine falsche "Panik" zu provozieren. Das Problem waren halt wieder einmal die Medien, welche diese Warnungen so genau und wortgetreu wie möglich an die Bevölkerung weitergeben sollten. Gerade, wenn es um ein Fachthema wie das Wetter geht. Ein weiteres Problem ist auch, dass bei diesen im wahrsten Sinne des Wortes unberechenbaren Randtiefs flexibles Nowcasting betrieben werden muss, um eine einigermassen verlässliche Vorhersage machen zu können. Und mit dieser von den Wetterdiensten mittlerweile gut gemanagten Flexibilität können halt die meisten Medien (v.a. TV) nicht mehr mithalten, da die groben Sendungungsinhalte bereits Stunden vor der Ausstrahlung abgesegnet werden müssen. Hier müsste allerdings noch etwas mehr Flexibilität an den Tag gelegt werden (TV: Alert-Ticker bei schweren Unwettern und vor allem keine sich wiederholenden Nachrichtensendungen!).
Dass die Stürme zeitlich und zugbahntechnisch nicht exakt erfasst werden konnten, dass kann ich gut verstehen. Allerdings frage ich mich bezüglich der Vorhersage für den 2. Sturm (Gerda), weshalb es seit Stunden praktisch windstill ist, wo es doch geheissen hat, der Sturm würde länger wüten, bis Dienstag Mittag. Hat hier jemand eine plausible Erklärung für? War das auch schwer vorherzusagen?
Hier noch drei Beispiele von Falschmeldungen der Medien:
1. Im Bericht über den Tornado gestern in England wird erwähnt, dass die höchsten und gefährlichsten Winde von Gerda in Holland, Belgien und Norddeutschland erwartet werden. Da wurde wohl das Tief mit dem Hauptwindfeld verwechselt:
http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk/3387237.stm
2. In einer AP-Meldung von Montag, 17.18 Uhr heisst es: "Auf Mittwoch wurde ein noch stärkerer Sturm erwartet" ->
http://de.news.yahoo.com/040112/281/3u35k.html
3. Verwirrung pur: In einem Wetterbericht von Montag, 18.00 Uhr heisst es "Das Sturmtief vom Montag verlagert sich unter Abschwächung nach Polen. Dahinter erfolgt am Dienstag eine Wetterberuhigung." Und ein paar Sätze weiter als Prognose für Dienstag: "Stark bewölkt und häufig Regen und Sturm. In den westlichen Alpen zum Teil ergiebige Niederschläge". Im übernächsten Satz dann wieder "Untertags vorübergehende Wetterberuhigung und im Flachland nur noch wenig Regen". ??? Weiss nicht, ob die Prognose so original ist, aber finde schon, dass das etwas unglücklich formuliert ist. Da hätte man auch sagen können "morgen Dienstag gibts ein richtiges Huddelwetter, aber dies ist nicht sicher".. Oder bin ich hier etwas zu pingelig? Hier der Link:
http://de.news.yahoo.com/030210/281/39kj9.html
Gruss Chrigi
PS: Stimmt es jetzt, dass Freitag nochmal was Stärkeres (à la Fränzi oder Gerda) kommen soll?