Was mich noch interessiert ist, wieso sich die gestrige Superzelle 2x geteilt hatte und wieso der Left-Mover jeweils unmittelbar nach dem Split verreckte?
leftmover "verrecken", wenn der Hodograph einen Rechtsbogen beschreibt (Winddrehung im Uhrzeigersinn mit der Höhe),
rightmover umgekehrt wenn das Windprofil einen Linksbogen beschreibt (Winddrehung im Gegenuhrzeigersinn mit der Höhe.
Ersteres ist auf Grund der bei Gewitterlagen mehrheitlich hierzulande vorherrschenden Windrichtung sowie der Bodenreibung
mehrheitlich der Fall (andererseits konnten Willi und Hans-Heinrich Schiesser und Rob Houze während der Hagelversuche in
den 80er Jahren auch viele leftmover beobachten - das topographisch veränderte lokale Windprofil ermöglicht auch deren
Ausbildung mit einer gewissen Regelmässigkeit, oder wie war das genau? Willi weiss am meisten darüber

)
Grund für dieses Verhalten sind dynamische Interaktion der updrafts mit der Umgebungsströmung, in die sie hineinwachsen.
Diese Interaktionen induzieren verstärkte Aufwinde auf der einen und abgeschwächte Aufwinde auf der anderen Seite, so:
Quelle:
Joe B. Klemp, 1987, Dynamics of Thunderstorms (
http://twister.ou.edu/)
Nun können wir versuchen, die Theorie an den beiden Superzellen dieses Tages zu verifizieren. Nr. 1 die Hagelzelle ZG/SZ/SG
vom Nachmittag, ein rightmover. Das Payerne TEMP als Hodograph dargestellt (die Vogelperspektive der Windvektoren):
Schöne Rechtsdehung des Windes mit der Höhe, das Gewitter entsteht über den westlichen Voralpen, wandert in dieses
environment hinein, vollzieht zwei splits in der Region FR/BE und jedesmal setzt sich der rightmover durch, wie es die
Theorie verlangt

(an dieser Stelle habe ich Fragen: warum gab es splits in FR/BE, aber weiter östlich nicht mehr?
War dort die Scherung bereits zu gering? Wenn ja, warum ist die Zelle dennoch solange nach rechts gedriftet?)
Dann der abendliche leftmover: entstanden als SHRA/TSRA irgendwo in den Berner Alpen/Voralpen, er findet auf seiner
Entwicklung natürlich ein komplex modifiziertes Windprofil vor auf Grund vorhergegangener Gewitter und ihrer outflows.
Die
COSMO Analyse 18 UTC sieht immer noch starken deep layer shear 0-6 km über dem Jura und angrenzenden Gebieten.
Das
Modell-TEMP für Buchs-Suhr von 18 UTC zeigt elevated immer noch eine sehr labile Schichtung, nur die untersten Bereiche
sind stabilisiert (vgl.
mixed layer CAPE mit
most unstable CAPE).
Der Hodograph dazu, er ist mehr oder weniger gestreckt, mit viel goodwill ist er
zwischen 800 und 200 hPa sogar leicht linksdrehend ...
... und würde den leftmover bestimmt nicht unterdrücken, vielleicht sogar leicht bevorzugen

. Wenn wir CAPE anschauen
sehen wir auch, dass entlang dem leftmover track noch etwas CAPE-MU übrig geblieben ist, während weiter östlich,
auf dem hypothetischen rightmover track kein Futter mehr war (zu stark stabilisiert durch den outflow der ZG/SZ/SG Zelle).
Soweit die Modellwelt, nun können wir noch versuchen, die Modellprofile mit Windprofilern zu verifizieren.
Der
Tagesplot des Schaffhauser profilersbestätigt die Veränderung des Hodographen in den Abendstunden,
hier ein Ausschnitt 18 bis 21 UTC:
Wenn man im Kopf den Hodograph um 18 und 19 UTC konstruiert, sieht man eine schöne, leichte linksdrehung mit
der Höhe (die Profiler in Grenchen und Payerne sind weniger gekrümmt, sie sind eher geradlinig in diesen 0-4 km,
die VAD Profile des Albisradars hingegen passen nicht in das Bild, sie zeigen Rechtsdrehung).