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Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Do 9. Aug 2012, 20:17
von Ben (BaWü)
Problematisch sehe ich folgende Aspekte (möglich, dass bereits erwähnt):
- Alkoholisierte oder sonstwie nicht mehr ganz zurechnungsfähige Leute, die Warnungen/Abbruch von Fest etc. nicht verstehen
- Massenpanik: Jeder, der mal größere Gruppen und deren Eigendynamik beobachten konnte, kann sich vorstellen, was passiert, wenn auf eine solche Gruppe plötzlich größerer Hagel niedergeht/der Blitz reinfährt/...
- Wie lange würde es dauern, den Großteil der Teilnehmer z.B. der Street-Parade zur besten Stunde halbwegs geordnet in "Sicherheit" zu bringen, falls ein Unwetter aufzieht? Denke nicht, dass dies für eine schnellziehende Zelle reichen würde
Weiterhin kann selbst der beste Wetterguru (auch vor Ort) nicht immer 100% sagen, was da kommt. Zellen, die auf dem Radar recht harmlos erscheinen, können einen 5 min. Zyklus später bereits recht böse sein, downbursts sind nur sehr schwer vorherzusagen, selbst ein harmloser Schauer kann plötzlich blitzaktiv werden, CGs einige (teilweise viele) km außerhalb der Zelle aus dem Amboss, plötzlich ausscherende Zellen, und und und.
Es ist eben nun mal so: je größer die Gruppe, desto mehr Leute erwischt es, wenn denn was passiert. Ein einziger, kräftiger CG hat genügend Saft, um locker eine zweistellige Personenzahl zu töten. Ein regelrechtes Horror-Szenario, wenn in eine dicht gedrängte Gruppe (wie auf dem Bild oben) der Blitz schlagen würde...
Vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis wieder irgendwas Größeres passiert.
Dennoch gilt: Alles relativ sehen! Die Anzahl der Menschen, die sonstwie Schaden nehmen (Autounfall bei Anfahrt, Hitzeschlag, Alk.-Vergiftung, Streitereien...) dürfte im Schnitt um Größenordnungen höher liegen. Außerdem sollte sich jeder über die Gefahren bewusst werden, in die man sich begibt. Das gilt ganz allgemein. Andernfalls schlägt Darwin wie immer gnadenlos zu
Greez
Ben
Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Mo 13. Aug 2012, 10:42
von Chicken3gg
Was hier mehrfach angesprochen wurde:
Die Leute sollen doch selbst das Radar beobachten.
Schön und gut, aber wenn rund die Hälfte an Open Airs mit Uralt-Nokias rumläuft und den anderen Geräten nach 1-2 Tagen der Saft ausgeht, wird es schwierig...
Wie nah die Grenzen zwischen "nichts passiert" und "Chaos" sind, ist mir gestern wieder klar geworden.
Zofingen wurde nur gestreift (Regen, kein Gewitter). Das Teil verstärkte sich ja aber bekanntlich auf dem Weg nach Luzern

Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Di 14. Aug 2012, 07:44
von Uwe/Eschlikon
Hallo
Ein Blitzschlag in eine Menschenmenge in einer Stadt oder einem Dorf halte ich schon für recht unwahrscheinlich!
Da werden eher die Begleiterscheinungen (Sturm, umstürzende Bäume usw.) zur Gefahr.
Die Gefahr in den Bergen, von Blitz getroffen zu werden, ist hingegen ungemein grösser und wird öfters unterschätzt bzw. ignoriert.
Als Berggänger war ich selbst schon 2 Mal sehr nahe bei Blitzeinschlägen:
- Einmal in Gratnähe, wo ich blitzschnell unter einem Überhang unterhalb des Grates in Deckung musste. Der Blitz schlug mehrmals in den Grat ein und ich roch den schwefeligen Geruch, der beim Einschlag ins Gestein enstand.
- Ein anderes Mal auf einem Gipfel, wo sich innert weniger Minuten ein Gewitter aus einer Quellwolke bildete. Trotz sofortigem Abstieg liess ich sicherheitshalber Wanderstöcke und Rucksack liegen und ging in einer Rinne in Deckung. Meine Utensilien konnte ich 1/2 Std. später wieder holen, als alles vorüber war.
Gruss, Uwe
Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Di 14. Aug 2012, 09:25
von Phil (Dübendorf)
Ist zwar nicht für genau denselben Zweck erfunden worden, wäre aber ähnlich anwendbar:
http://www.tagesanzeiger.ch/digital/mob ... y/24960962
Gruss Phil
Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Do 20. Jun 2013, 23:41
von Michael ZH
Was ich letztes Jahr angefangen habe, dürfen wir hier leider weiterführen.
Grüss von Michael
Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Fr 21. Jun 2013, 12:15
von B3rgl3r
Michael ZH hat geschrieben:Was ich letztes Jahr angefangen habe, dürfen wir hier leider weiterführen.

Es gibt vier grosse Probleme:
1) Der Mensch vergisst sehr schnell. Speziell wenn es um Unwetter geht. Es gab immer so starke Unwetter und es wird sie auch in Zukunft immer geben. Ich habe gerade vor ein/zwei Wochen ein paar Artikel für das Unwetterarchiv eingereicht aus dem Jahr 1868
2) Der Mensch hat generell das Gefühl sicher zu sein. Ob nun am Gurten-Festival, Greenfield oder eben am ETF. Es passiert ja nie etwas. "Bis jetzt ging alles gut"
3) Der Mensch neigt dazu zu übertreiben. "Die Wetterfrösche haben schon wieder falsch gehabt" "Letztes mal war auch nichts". Im übrigen auch gestern in Kommentaren zu lesen vor(!) dem grossen Unwetter.
4) Die Veranstalter stehen unter grossem Druck. Sponsoren, Zeitplan, Finanzen. Solche Anlässe (wie auch Punkt 3) sind heutzutage Riesenanlässe mit hunderten/tausenden Anspruchsgruppen. Wenn du was evakuierst oder absagst bist du anschliessend (falls es nur ein laues Lüftchen gegeben hätte) gekündigt und dürfstest dich nirgens mehr öffentlich blicken lassen. "f.k.a. Schisshase"
Das Wetter lässt sich nunmal nicht am Reissbrett planen und vorhersagen. Wenn es denn nun wirklich spontan eine Neubildung gegeben hätte mit kurzer Vorwarnzeit, dann würde ich die Sache ja noch einigermassen verstehen. Wenn auch nicht vollends.
Es liegt an den Medien und der Menschheit auch mal damit zu leben und halt so ein Fest frühzeitig zu räumen, denn schlussendlich ist ein Menschenleben mehr Wert als die Würde/der Stolz eines Veranstalters/OK.
Es braucht EIER und zwar dicke.
Aber die erwarte ich von solchen Veranstaltern ! SIE sind an solchen OpenAir-Veranstaltungen für die Sicherheit der Leute zuständig und bekommen dafür auch fürstlich Einnahmen (Sponsoren, Standeinnahmen, Mitgliederbeiträge, Startgeld, etc...).
Es kann nicht angehen, dass man nachher kommt und sagt: "es kam plötzlich" "man konnte nicht ahnen". Das konnte man vor 90 Jahren (als es noch kein Radar gab) vllt behaupten aber sicher nicht im 2013 (!).
Dieser Beitrag ist generell gemeint und nicht direkt aufs ETF gerichtet, es hätte genau so gut ein Greenfield oder ein Gurten oder ein Zürofäscht erwischen können. Und was nicht ist kann noch werden.
Abschliessend:
In meinem Job gibt es eine eiserne Grundregel: Einen Fehler darfst du genau 1x machen. Dann heissts -> aus diesem lernen und schauen, dass es kein zweites mal passiert
Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Fr 21. Jun 2013, 14:13
von Seebueb
Mein Vorgänger bringt's auf den Punkt.
Dazu noch folgende Ergänzung: Menschen (Veranstaltungsleitungen), die genug Rückgrat haben und auch mal entgegen jeder Verniedlichungstheorie und aus Ueberzeugung zum Wohle der Teilnehmer eine Evakuierung anordnen würden, gibt's fast nicht mehr! So einer würde auch eine geballte nachträgliche Kritik und seine "Entlassung" ohne Mühe wegstecken.
Gruss Seebueb
Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Fr 21. Jun 2013, 14:17
von Chicken3gg
Kann das ganze nicht vor dem Event vertraglich festgehalten werden? Mit entsprechenden Versicherungen, falls (evtl. fälschlicherweise) ein Turnfest abgebrochen wird!?
Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Fr 21. Jun 2013, 16:21
von jetairliner
Hallo allerseits
Einige Worte....
Wetter und Natur sind unberechenbar. Was bei diesem nationalen Turnfest passiert ist, ist bedauerlich. Vielleicht wäre es möglich gewesen in Punkto Sicherheit, Beteiligte vor diesem Unwetter zu schützen, in dem man vom OK verschiedenster Veranstalltungen einen gesetzlich vorgeschrieben Notfall - Plan zur problemfreien Durchführung verlangt.
Z.Bsp. Wenn wir in die Ferien fliegen, dann bemüht sich geschultes Boardpersonal den Passagiergästen einen Einblick zu diversen Requisiten, Schwimmweste, Atemmaske, verlassen durch Notausstieg....
Bei jeder öffentlichen Openair-Veranstaltungen wäre ein geschulter Einsatzleiter, der genau weiss, auf was es drauf ankommt, damit das Sicherheitsdispositiv auch wirklich funktioniert, das Richtige.
Kurzum, eine Schnittstelle. Jemand der nur für Gefahrenerkennung zuständig ist. Dazu braucht es eine Liste mit Gefahren, Hilfe, Fluchtplan, Im Fall von Biel wäre ein Gebäude zum Schutz vor witterlichen Einflüssen das Non plus Ultra gewesen? Ich denke die Organisation von Biel ist vielleicht mit anderen, auch wichtigen Dingen überfordert gewesen, um einen Unwetterplan anzufertigen? Oder wusste nicht, wann genau es Zeit gewesen wäre, zu evakuieren.
Ich finde Sicherheit ist oberstes Gebot, da hätte ein geschulter Einsatzleiter der akribisch für die Sicherheit zuständig ist, Befehlsgewalt zur Evakuation auch wenn der Zeitplan des Festes durcheinander gerät.
Donneradar und andere Hilfsmittel im Web sind sehr Hilfsreich zur Entscheidung. Aber ich denke man kann nicht von Festbesuchern erwarten, dass sie via Händy erkennen sollten, ob sie sich wegen eines Unwetters schnell in Sicherheit begeben müssen?
Wenn es um die Gesundheit von Menschen geht ist ein Gesetz unerlässlich! Das veranlangt volle Aufmerksamkeit. Vielleicht können Politiker sich diesem Thema mal annehmen?
Wünsche Allen ein schönes Wochenende
jet aus Seebach-ZH
Re: Gewitter, werden Gefahren unterschätzt?
Verfasst: Fr 21. Jun 2013, 16:52
von Chicken3gg
ber gerade gestern, als die Gewitter bei Genf entstanden und denn am Jurasüdfuss nach Norden wanderten... 2-3h Vorwarnzeit war gegeben. Kein Schwenker, keine Richtungsänderung. Ein richtiges Bilderbuchgewitter-.