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Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Do 1. Sep 2022, 09:36
von Federwolke
Man darf gespannt sein, denn auf einen extremen Sommer folgt in der Regel auch ein extremer Herbst. Die ersten Anzeichen deuten sich bereits in der September-Prognose an: https://www.orniwetter.info/monatsprogn ... mber-2022/

Nicht anders zu erwarten mit dem bisiwarmen Mittelmeer sind extreme Regenmengen in den West- und Südalpen, wenn die Anströmung passt, und das scheint gleich im ersten Monatsdrittel der Fall zu sein:

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Auch in Sachen nördlichster Position der Polarfront scheint dieses Jahr ein Kandidat für Rekorde zu sein. Wann werden wir erstmals eine Karte ohne Grün sehen?

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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Do 1. Sep 2022, 20:50
von Willi
Wann werden wir erstmals eine Karte ohne Grün sehen?
Ich tippe mal, spätestens wenn Grönland eisfrei ist. Die Nordverschiebung der Polarfront über dem Atlantik scheint mir konsistent mit dem Wärmemaximum des Atlantik vor der Südspitze Grönlands - dort wo, aufgrund namhafter wissenschaftlicher Publikationen, eigentlich das kalte Schmelzwasser des Grönlandeises lagern sollte, welches letzten Endes den Golfstrom abschwächen sollte. Es fragt sich natürlich, was war zuerst, das Huhn oder das Ei? Wie auch immer, ich würde südlich der Südspitze Grönlands, im Bereich grosser Temperaturgegensätze, eine lebhafte Tiefdrucktätigkeit erwarten, welche das Ganze neu aufmischen könnte.

Schon komisch - jahrelang wurde der kalte Nordatlantik beklagt, und jetzt ist er auch schon bald seichwarm - wie übrigens auch der Pazifik ân analoger Position. Und La Nina ist und bleibt eine Macht in diesen Jahren - wie lange noch?
Quelle: https://www.ospo.noaa.gov/data/cb/ssta/ ... urrent.png
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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Fr 2. Sep 2022, 06:06
von Federwolke
Willi hat geschrieben: Do 1. Sep 2022, 20:50 Schon komisch - jahrelang wurde der kalte Nordatlantik beklagt, und jetzt ist er auch schon bald seichwarm - wie übrigens auch der Pazifik ân analoger Position. Und La Nina ist und bleibt eine Macht in diesen Jahren - wie lange noch?
Wie in meiner Winterprognose vom letzten Herbst erklärt, ist der warme Nordpazifik eine Folge von La Niña, und als weitere Kettenreaktion auch der warme Nordatlantik. Der Einfluss von La Niña auf das Wetter in Europa soll zwar schwach sein, das gilt aber offenbar nicht, wenn La Niña sehr lange andauert, denn dadurch werden die SST-Anomalien laufend verstärkt. Wir können also mit dem nächsten extrem milden Winter rechnen - CFS sieht das jedenfalls schon mal so. Angesichts der drohenden Energiekrise werden sich diesmal wahrscheinlich weniger Leute darüber beklagen als üblich...

Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Sa 3. Sep 2022, 11:49
von Rontaler
Federwolke hat geschrieben: Fr 2. Sep 2022, 06:06 Wie in meiner Winterprognose vom letzten Herbst erklärt, ist der warme Nordpazifik eine Folge von La Niña, und als weitere Kettenreaktion auch der warme Nordatlantik. Der Einfluss von La Niña auf das Wetter in Europa soll zwar schwach sein, das gilt aber offenbar nicht, wenn La Niña sehr lange andauert, denn dadurch werden die SST-Anomalien laufend verstärkt. Wir können also mit dem nächsten extrem milden Winter rechnen - CFS sieht das jedenfalls schon mal so. Angesichts der drohenden Energiekrise werden sich diesmal wahrscheinlich weniger Leute darüber beklagen als üblich...
Der einzige Vorteil ist aber auch gerade die bessere Bewältigung der Energiekrise, alle anderen Zahnrädchen stellen sich dadurch noch mehr auf weitere Extreme. Weniger Schnee in den Alpen füllt die Speicherseen im nächsten Frühjahr mit der spärlichen Schneeschmelze nur kurzfristig und schon im nächsten Sommer haben wir wieder das Problem mit zu geringer Stromproduktion aus Wasserkraft. Zudem serbelt der Wald munter vor sich hin. Fichten und Buchen gehen allmählich ein wegen der zunehmenden Trockenheit. Die Bäume, die die Trockenheit überstehen werden vom Borkenkäfer geschädigt, der sich bei warmen Wintern überproportional vermehrt wie alle anderen Insekten auch. Mücken, Zecken, Wespen.

Ich habe vorgestern mit dem hiesigen Förster gesprochen. Fichten und Buchen werden hier bereits gezielt aus dem Wald genommen, da sie laufend kaputt gehen. Stattdessen beginnt das Ansetzen von Edelkastanien... :shock:

Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Mi 7. Sep 2022, 22:30
von Linth
Willi hat geschrieben: Do 1. Sep 2022, 20:50
Wann werden wir erstmals eine Karte ohne Grün sehen?
Ich tippe mal, spätestens wenn Grönland eisfrei ist. Die Nordverschiebung der Polarfront über dem Atlantik scheint mir konsistent mit dem Wärmemaximum des Atlantik vor der Südspitze Grönlands - dort wo, aufgrund namhafter wissenschaftlicher Publikationen, eigentlich das kalte Schmelzwasser des Grönlandeises lagern sollte, welches letzten Endes den Golfstrom abschwächen sollte.
Nur fliesst ein grosser Teil des Schmelzwassers nicht automatisch an der Südspitze von Grönland in den Atlantik.
Hier der Link dazu:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%B6n ... edrock.jpg

Interessant finde ich.

Das werden wohl die meisten Klimamodelle nicht in ihren Berechnungen haben. Daher die seit Jahren bestehende Diskrepanz zwischen Prognose und Wirklichkeit.
Grönland ist unter dem Eis nicht einfach eine normale Insel mit mittig hohen Bergen. Das Schmelzwasser fliesst unter dem Eis gemäss den Gesetzen der Physik ab. Also durchs Relief.
Und gemäss dem Relief fliesst nur ein kleiner Bruchteil des Schmelzwassers an der Südspitze von Grönland in den Atlantik. Das dies in des Berechnungen der Klimamodelle noch nicht berücksichtigt wurde erstaunt. Das sind maximal 5%... Eher weniger. Ich korrigiere mich und behaupte, es sind weniger als 2%. Relief anschauen und jeder kann es selber berechnen. Wie konnte so ein offensichtlicher Fehler von den Daten zur Berechnung der Klimamodelle von Niemandem entdeckt werden?
Immer war alles rot, ausser das Meer der Südspitzen von Grönland war blau. Logisch, wegen dem vielem Schmelzwasser, das dort das Meerwasser abkühlt und den Golfstrom "abtötete". Aber eben, schaut man auf das Relief von Grönland ohne Eis, fusst das alles auf falschen Berechnungen. Wow.

Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Di 13. Sep 2022, 01:19
von Federwolke
So schnell kann es gehen im April des Herbstes, also September:

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https://apps.ecmwf.int

Nur gut, dass ich den wahrscheinlich letzten Sommertag ohne Schönheitsfehler genutzt habe:

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Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Sa 1. Okt 2022, 02:01
von Federwolke
Habe meine Arbeitszeiten bereits auf Mountain Daylight Time (MDT) umgestellt, so konnte ich noch stressfrei den CFS 12z-Lauf mitnehmen:
https://www.orniwetter.info/monatsprogn ... ober-2022/

Da zeichnet sich Kurioses ab: Trotz bisiwarmem Mittelmeer kaum Regen, stattdessen ein mehr oder weniger stabiles Hoch darüber. Ich bin ja mal sehr gespannt, aber wir müssen eben auch damit leben, jetzt ständig bisher völlig undenkbare Dinge hinzulernen zu müssen...

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Die September-Analyse folgt wieder verspätet - wahrscheinlich irgendwann gegen Ende nächster Woche. Das ist noch unberechenbarer als GordonBennett...

Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Do 6. Okt 2022, 11:16
von Federwolke
So, der Normalbetrieb hat mich wieder eingeholt ;)

Von Statistik-Gurken und kuriosen Normal-Mittelwerten ist diesmal die Rede. Ein September der Extreme, der so später in den Statistiken nicht mehr erkannt werden wird: https://www.fotometeo.ch/in-zwei-tagen- ... mber-2022/

Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Mi 26. Okt 2022, 13:13
von Tinu (Männedorf)
Meine Story zum - wieder einmal - geschichtsträchtigen Wärme-Oktober wie immer fürs Sturmforum:

Hier der Link zur Story mit Bild und Grafik: https://www.tagesanzeiger.ch/wieder-ein ... 3206318590

Herbst auf Sommerpfaden
Wieder ein Klimarekord: Wärmster Oktober seit Messbeginn
Der Klimawandel lässt in der Schweiz auch im Herbst die Rekorde purzeln. Der Oktober wird vielerorts als der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in die Geschichte eingehen. Wie kam es dazu?

Der schlagzeilenträchtige Hitze- und Trockensommer 2022 ist vorbei. Der Klimawandel aber nicht. Das zeigt sich eindrücklich am nun zu Ende gehenden Oktober. Dieser wird vielerorts in der Schweiz als der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in die Geschichte eingehen.

Der Wärmeüberschuss ist im Vergleich zu den langjährigen Vergleichsdaten enorm. «Vielerorts sind Monatsdurchschnittswerte um vier Grad über der klimatologischen Norm 1991–2020 zu erwarten. Lokal liegt das rund ein Grad über den höchsten bisher gemessenen Oktober-Durchschnittswerten», sagt Stephan Bader, Klimatologe von Meteo Schweiz.

Exemplarisch zeigt sich das am Beispiel der Daten der Wetterstation Zürich-Fluntern, wo seit 1864 gemessen wird. Der Oktober 2022 wird in Zürich mit einer Durchschnittstemperatur von 13,8 Grad zu Buche schlagen. Es fehlen zwar noch einige Tage bis zum Monatsende. Wegen der zu erwartenden stabilen Hockdruckwetterlage dürfte sich an diesem Wert aber nicht mehr viel ändern.

Der bisherige Rekord in Zürich – 13,1 Grad aus dem Jahr 2001 – wird regelrecht pulverisiert. Der Oktober 2022 bewegt sich somit in neuen Sphären. Zum Vergleich: Bis in die 1950er-Jahre waren Oktober-Monate mit einer Durchschnittstemperatur von knapp über 10 Grad in Zürich eine absolute Seltenheit. Monate mit Durchschnittswerten von über 12 Grad traten erstmals Mitte der 1990er-Jahre auf. Seither häufen sie sich – und die Skala wird sukzessive nach oben verschoben.

Was für Zürich gilt, gilt praktisch für die gesamte Schweiz, insbesondere die Alpennordseite. Neue Oktober-Rekorde dürfte es unter anderem in Basel, Genf, Lugano oder St. Gallen geben. Ausgesprochen warm war es in sämtlichen Höhenlagen. So steuert zum Beispiel auch die auf knapp 1600 Metern gelegene Wetterstation Davos auf einen Allzeitrekord zu.


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Wanderer hatten in diesem Oktober ihre Freude am «goldenen Herbst», so wie hier oberhalb der Alp Buffalora im Engadin. Das Wetter war aber viel zu warm für die Jahreszeit.
Foto: Martin Steinegger


Extrem war die Wärme vor allem zur Monatsmitte, also etwa zwischen dem 15. und dem 23. Oktober. «In dieser Phase stiegt die Tagesdurchschnittstemperatur verbreitet 5 bis 7 Grad, unter Föhneinfluss auch bis zu 9 Grad über die Norm 1991–2020», sagt Stephan Bader. Es herrschte T-Shirt-Wetter.

Verantwortlich für die anhaltende Wärme war eine über Wochen hinweg nahezu identische Wetterlage. «Ab dem 4. Oktober wurde das Wetter hauptsächlich von Hochdrucklagen bestimmt, die aus Westen und Südwesten milde Luft heranführten», sagt Stephan Bader. Über den Alpen wehte oftmals der Föhn, was die Temperaturen zusätzlich in die Höhe trieb.

Was komplett fehlte, waren Kaltlufteinbrüche. Es kamen also keine Luftmassen polaren Ursprungs zum Alpenraum, die eine deutliche Abkühlung gebracht hätten.

Zwar sind längere Schönwetterperioden im Oktober nicht ungewöhnlich. Sie sorgten schon in früheren Jahrzehnten für den sprichwörtlichen «Altweibersommer». So etwas wie im Oktober 2022 gab es bisher aber in dieser Form nicht – zumindest seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Das zu Grunde liegende atmosphärische Muster, wobei sich eine bestimmte Grosswetterlage nahezu unverrückbar über einen langen Zeitraum hinweg hält, sorgte bereits im vergangenen Sommer für anhaltende Wärme und Trockenheit. Dass die zunehmende Persistenz («Verharrung») von Wetterlagen eine konkrete Auswirkung des Klimawandels ist, wird in der Fachwelt zwar noch diskutiert. Die Anzeichen dafür verhärten sich aber. Ein Zusammenhang mit einer Veränderung des Jetstreams wird angenommen. Dieser «Wettermotor» der Nordhalbkugel fliesst in grossen Windbändern in fünf bis zehn Kilometer Höhe um den Globus und beeinflusst das Wettergeschehen auf der Erdoberfläche.

Am für die Jahreszeit deutlich zu warmen Wetter wird sich übrigens bis auf weiteres wenig ändern. Die globalen Vorhersagemodelle der Wetterdienste zeigen zumindest im seriösen Vorhersagebereich (bis Anfang November) keine markante Umstellung hin zu kälterem Wetter.

Re: Mittelfrist/Langfrist Herbst 2022

Verfasst: Do 27. Okt 2022, 18:14
von Federwolke
Unser täglich Schäufelchen Saharastaub gib uns heute...

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Schönbrunnen oberhalb Utzigen, rechts der Bantiger, 16:33 MESZ