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Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: Sa 28. Jul 2007, 00:29
von Severestorms
Einleitung
Die nächste spannende Gewitterlage steht vor der Tür. Am Sonntag zieht ein Tief von den britischen Inseln zur südlichen Ostsee (Edit: nun soll es über die Mitte Deutschlands ziehen) und lässt mit ihrem Frontensystem wieder einmal die Luftmassen über Mitteleuropa aufmischen.

(Dieses Bild ist von GFS 18Z, der Rest von 12Z)
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Grober Ablauf
Am Sonntag Nachmittag findet noch verbreitet Warmluftadvektion (aus SW bis W) statt. Nach GFS 12Z erreicht uns dann die zum Randtief gehörende Kaltfront am frühen Montag morgen und bringt schauerartig verstärkten (evtl. gewittrigen) Regen mit sich. Präfrontal könnte sich eine Konvergenzlinie ausbilden. Allerdings scheint für uns Schweizer das Timing nicht ganz optimal zu sein. Die Front bzw. Konvergenz kommt recht spät. Trotzdem: Nachdem es am späten Sonntag Nachmittag vermutlich im Bergland bereits vereinzelt zu Wärmegewittern gekommen ist, sollten die Konvergenzgewitter um 18Z immer noch NW der Schweiz stehen:

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Labilität, Feuchte und Hebung
Ab 15Z rechnet GFS 12Z zwar bereits die ersten synoptischen Hebungssignale. Aber erst ab 21Z wird grossflächige Hebung gerechnet. Immerhin: Ein paar Hundert CAPE und negative LI-Werte (-1 bis -2) sollten ab den frühen Nachmittagsstunden bis spät in die Nacht zur Verfügung stehen. Die Taupunkte in Bodennähe sollten sich bis Mitternacht stets um 14-15 Grad bewegen.

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Niederschlagsmengen
Präfrontal werden mässige jedoch verbreitete konvektive Niederschlagsmengen gerechnet:

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Höhenkaltluft
Dem GFS 12Z Lauf nach, wird uns die Höhenkaltluft im Laufe des Montag Morgens erreichen (bis zu -20 Grad um 6Z auf 500hpa). Ob dies zusammen mit den tageszeitlich bedingt kühlen 4 Grad auf 850hpa noch zu Gewittern reichen wird (mangelnde Labilität), bleibt abzuwarten.


Jet
In der Nacht auf Montag nähert sich der Schweiz von Nordwesten her ein Jetstreak. Leider kommen wir damit vorerst noch auf der Right Exit Region zu liegen (NVA). Nichts destotrotz könnte aber die zunehmende Windscherung (0-6km, DLS) für Spannung in Gewitternähe sorgen:

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Ich weiss: Viel kann man noch nicht sagen. Immerhin, dass es wieder einmal spannend werden wird. Spannend vor allem, wann die Kaltfront und wie stark kommt. Welche Parameter eher gewitterunterstützend und welche hemmend wirken werden. Von welchem Mix wir schliesslich ausgehen können und was dies für das Gewitterpotential bedeutet.

Eure Meinungen?

Gruss Chrigi

PS: Ah, der 18Z Lauf ist da.. Mal gucken, was sich geändert hat. Hoffentlich kommt die Kaltfront bzw. präfrontale Konvergenz früher..

Edit:
Gemäss neuestem GFS-Lauf scheint die Konvergenz etwas früher, dafür aber in leicht abgeschwächter Form wirksam zu werden.. Die von der Kaltfront herangeführte Höhenkaltluft schafft es nicht mal mehr bis zu uns (nur noch -14 Grad um 6Z auf 500hpa).. :-/

Da ich ab morgen bis Sonntag Nachmittag sowieso im Jura sein werde, könnte ich gleich noch ein Chasing anhängen, wenns passt. Hoffen und Daumen drücken!

- Editiert von Christian Matthys am 28.07.2007, 00:57 -

- Editiert von Christian Matthys am 28.07.2007, 11:19 -

Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: Sa 28. Jul 2007, 15:47
von Thies (Wiesental)
Hi Chrigi,

danke für die umfassende Übersicht. Ich hoffe auch auf eine vorlaufende Konvergenz und kann mir einige gewittrige Entwicklungen vorstellen. GFS6z nimmt nun auch etwas Cape heraus, leicht labil bleibt es jedoch weiterhin. Sollte es für genügend Sonnenschein reichen, könnten die Werte auch etwas höher ausfallen. Schon aufgrund der Strömungslage bieten sich morgen erfahrungsgemäss die Vogesen an. Bei nordwestlicher Strömung entstehen häufig Gewitter, die dann quer durch den Rheingraben stehen und durchaus kräftig werden können. Mich erinnert das gesamt Setup ANSATZWEISE an den 7. September des vergangenen Jahres:

http://www.grenzwetter.de/Chasings_2006 ... 092006.htm

Zugegeben, die Positionen der steuernden Druckzentren sind nicht ganz vergleichbar, dafür jedoch Strömung und Position der KF. Leider war es damals auch wesentlich labiler (Theta_E, Cape, LI höher), so dass ich mir in puncto Intensität und Anzahl keine vergleichbaren Gewitter vorstellen kann. Trotzdem ist die Ausgangslage mal wieder spannend...

Am Juranordfuss sind NW-Winde ja eher unvorteilhaft. Demgegenüber dürfte der Jurasüdfuss von der Strömung profitieren...

Gruss, Thies

PS: muss mich etwas korrigieren: sehe gerade, dass im Vorfeld und Vergleich zu den Vorläufen doch noch ordentlich viel SW-Wind im Spiel ist... Na, unter diesen Umständen ist der Jura natürlich grundsätzlich von Interesse morgen ;-)
- Editiert von Thies am 28.07.2007, 15:52 -

Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: Sa 28. Jul 2007, 19:51
von Alfred
Das gibt aber eine knappe Kiste!

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Die 28 h rückwärts & 28 h vorwärts Trajks Zürich So. 20Z:
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Für den Osten scheint es besser zu sein:
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Alfred
[hr]

Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: So 29. Jul 2007, 10:51
von Chrigu Riggisberg
Hallo zusammen

Ich denke nicht, dass es heute Nachmittag vor der Front Gewitter geben wird. Die Schichtung ist zu stabil (mickriges Delta-T). Es wird zu wenig Hebung gerechnet. Die Einstrahlung sollte am Nachmittag ebenfalls gedämpft sein. Die Taupunkte sind auch nicht allzu hoch (tiefe Theta-Es).

Im Laufe der ersten Nachthälfte wird uns dann die Front aus NW erfassen. Damit verbunden werden - wie letzten Montag - Starkniederschlag, Wind, einzelne Entladungen und ein Temperaturrückgang sein. Es gilt aber anzumerken, dass der Kaltlufteinbruch eher östlich der Schweiz über Bayern Richtung Süden vordringt. Wir befinden uns also nur am Rand der grössten Wetteraction. Besonders im Westen wird der ganze Frontdurchgang etwas gemässigt sein. Es sollte im westlichen Mittelland nicht mehr als 10 mm geben, im östlichen bis 20 mm.

Montag bis Mittwoch wird dann wieder einmal eine Bisenströmung herrschen. In diesem Sommer ist das bisher selten vorgekommen. Besonders am Montag sollten die Temperaturen relativ tief sein (16-19°C).

Gruss Chrigu

Edit: Im Vergleich mit den oben gezeigten Karten von Christian hat sich die ganze Geschichte tatsächlich abgeschwächt. Dies, weil der Trog östlicher zu liegen kommt.
- Editiert von Chrigu Riggisberg am 29.07.2007, 11:18 -

Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: So 29. Jul 2007, 13:11
von Silas
@Chrigu
Besonders im Westen wird der ganze Frontdurchgang etwas gemässigt sein. Es sollte im westlichen Mittelland nicht mehr als 10 mm geben, im östlichen bis 20 mm.
Dass im östlichen Mittelland mehr Niederschlag fallen sollte, sehe ich auch so.
Allerdings sieht GFS 06Z fürs westliche Mittelland mit ca. 15mm wieder etwas mehr Niederschlag. Am Jura entlang bis nach Genf dürften bis 30mm Niederschlag fallen. Meteocentrale hat für den Alpennordhang eine Vorwarnung von mehr als 30mm in 24h herausgegeben.
Betreffend der Gewitter bin ich kritisch, obwohl es hier bereits akzeptabel am quellen ist.
Aktuelle weht laut SMA (fast) auf der ganzen Alpennordseite ein angenehmer Westwind:
-In Bern mehr als auf dem Jungfraujoch, allerdings ähnlich wie auf dem Säntis und dem Hörnli.
-In Basel ähnlich wie auf dem Napf.
Hier geht es bereits gegen die 50km/h - Marke zu, um 12:54 ein Maximum von 44,8km/h, aktuell 34,1km/h.
Gruss Silas

Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: So 29. Jul 2007, 14:46
von Stefan Hörmann
Hi,

wir haben soeben für heute Abend und die kommende Nacht für die X-Alps-2007 eine Wetterwarnung herausgegeben, da für die Piloten eine nicht unerhebliche Gefahr in hochalpinem Gelände besteht. Starkregen und/oder bedeutenden Schneemengen oberhalb 2000m sind ebenso eine Gefahr wie der starke Wind, wobei der, wenn das Sauwetter erst einmal da ist, keine so große Rolle mehr spielt. Aktuell tut er dies schon. Derzeit befinden sich die Piloten im Bereich des östlichen Hauptkammes, teils nördlich, teils zentral gelegen. Einige Piloten hat es schon sauber in der Luft herumgeblasen. Die freiwilligen Landungen zeigen das. Und wäre das noch nicht genug Arbeit, haben wir nun gleich auch noch die Last mit den präfrontalen Gewittern auszuhalten die nicht flächig auslösen. Geiles Wetter.

Schaut mal bei den X-Alps 2007 vorbei. Fliegen vom Dachstein bis nach Monaco mit Gleitschirm in max. 20 Tagen. Die Schweizer führen im Tripple.
- Editiert von Stefan Hörmann am 29.07.2007, 14:53 -

Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: So 29. Jul 2007, 15:04
von Federwolke
Hallo Stefan

Ab welcher Windstärke wird es denn für die Gleiter gefährlich? Wahrscheinlich braucht es nicht viel, wenn die jetzt schon landen. Die Stationen melden bisher kaum mehr als ein laues Lüfterl, und ich hab so ein bisschen das Gefühl, als würde jemand da oben auf der Leitung stehen ;-) Jedenfalls ist es im Moment nicht gerade einfach, den richtigen Zeitrahmen für die Sturmwarnung zu finden.

Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: So 29. Jul 2007, 15:34
von Stefan Hörmann
Original von Federwolke
Hallo Stefan

Ab welcher Windstärke wird es denn für die Gleiter gefährlich? Wahrscheinlich braucht es nicht viel, wenn die jetzt schon landen. Die Stationen melden bisher kaum mehr als ein laues Lüfterl, und ich hab so ein bisschen das Gefühl, als würde jemand da oben auf der Leitung stehen ;-) Jedenfalls ist es im Moment nicht gerade einfach, den richtigen Zeitrahmen für die Sturmwarnung zu finden.
Hallo,

die Piloten sind mit besonders guten, aber auch etwas windanfälligeren, da flexiblen Gleitern unterwegs. Ab einer Böigkeit von +20 km/h zum Mittel ist das Kriterium erreicht. Im Moment hält sich der große Wind dort noch zurück, doch mit Einsatz der Thermik wurde die Böigkeit schon mal ausgelöst. Problematisch ist, dass sich die Piloten direkt im Grenzbereich, da im Hauptkammgebiet, befinden. Wo geht's, wo länger, wo nimmer? Normal sind alle Piloten für sich selbst verantwortlich. Nachdem ich für 8 Teams den Vollsupport übernommen habe (die bekommen jedes Gewitter mit) haben die Organisatoren mich für's allgemeine Wetter auch noch engagiert. Da gehört es leider auch dazu, Ihnen bei Gefahrensituationen entsprechende Informationen zu liefern und das ist bei der Situation heute und dem anfälligen Clientel nicht einfach.

Problematisch schätze ich die Situation mit Starkregen und Wind ein. Man darf nämlich davon ausgehen, dass manch einer auf die Idee kommt, die Kaltfront auf den Bergen auszusitzen um nicht ins Tal wandern und später wieder hochsteigen zu müssen. Schnee, Kälte und Wind kommen nicht so gut wenn man sich auf 2500m befindet. Mittlerweile sind die Piloten bei dem üblen Wetter sehr viel gelaufen und haben ziemlich Kraft gelassen. Da spart man wo man kann.

Am Mittag kam dann ja noch die tiefbasige, abschattende Bewölkung dazu. Da ist nix mit länger fliegen wenn vorhandenen Hänge zum Westwind nicht passen.
- Editiert von Stefan Hörmann am 29.07.2007, 15:51 -

Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: So 29. Jul 2007, 15:34
von Nordkette
Fabienne, wie siehst Du die Chancen auf Föhndurchbruch in Innsbruck heute abend/nacht mit Kaltfrontdurchgang? Bei 40Kn + x in 700mb sowie Höhenkaltluft sollte die Dynamik mehr als ausreichend sein. Könnte auch im Tal/Stadt recht ruppig werden dann.

Grüsli Felix

Forecasting: Gewitter am 29.07.2007 (Sonntag) und in der Nacht zu Montag

Verfasst: So 29. Jul 2007, 15:49
von Federwolke
Danke Stefan für die Ausführungen. Oben übernachten würd ich auch niemandem empfehlen ;-)

Felix: Knappe Kiste. Ich sehe das Starkwindband eher nördlich der Alpen. Obs bis ins Inntal reicht? Ich schau mal, was der nächste Lauf meint, vorwarnen kann man dann immer noch.