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EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: Fr 12. Dez 2008, 21:42
von Marco (Hemishofen)
Hoi zämä,

der bei den Wetterdiensten und v.a. Prognostikern lange mit Spannung erwartete Bericht
der Eidgenössischen Finanzkomission EFK über die MeteoSchweiz ist veröffentlicht worden:

http://www.efk.admin.ch/deutsch/news.htm
http://www.meteoschweiz.admin.ch/web/de ... ewerb.html

Nach meiner ersten Quersicht sehe ich einige brisante Ergebnisse z.B. zu den Themen
Prognosequalität, Messnetz, Verifikation von Warnungen oder etwa der Stellung von
MCH im Meteo-Markt. Aber lest selbst, bevor ihr die Meinungen der Exponenten oder
der Journis vorgekaut bekommt ;-)

Ich denke, das Thema hat einen eigenen Thread in unseren Forum verdient, die Diskussion
sei hiermit eröffnet.

En Gruess, Marco

EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: Fr 12. Dez 2008, 22:09
von Kachelmann
Eine kurze Zusammenfassung durch die EFK hier:

http://www.efk.admin.ch/pdf/7441_Medien ... z-2008.pdf

EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: Fr 12. Dez 2008, 22:36
von Markus Pfister
Hallo,

mich würde interessieren, warum der im Bericht erwähnte "Mutfaktor" bei der Prognose von Extremereignissen in die Wertung mit einfliesst und dann auch noch wertungsverbessernd?! Das steht in diametralem Widerspruch zur eigens dem Bericht angefügten Fussnote:
Für eine genauere Aussage müssten die Extremverhältnisse separat ausgewertet werden, dafür ist die Datenbasis aus dem vierwöchigen Prognosewettbewerb aber zu schmal. Zu berücksichtigen wäre dabei, dass Extremwerte je nach Prognoseparameter anders zu definieren wären (bei der Temperatur beispielsweise müsste auf die Abweichung vom Trend abgestellt werden). Anzumerken ist auch, dass ein hoher Mutfaktor nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung der Prognosen bei Extremverhätlnissen führen muss. Bei einer generell wenig zutreffenden Prognose, deren Varianzreduktion negativ ist, kann ein hoher Mutfaktor im Gegenteil mit einer noch weniger zutreffenden Prognose bei Extremverhältnissen verbunden sein.
Ich habe den Verdacht, dass hier politisch motiviert am Teilresultat "Extremereignisse" herumgeschraubt wurde, und die Auslegung der Resultate auf der Meteoschweiz-Homepage unterstützen meinen Verdacht in geradezu offensichtlicher Weise. Bei der Vorhersage von Extremereignissen geht es nicht darum, mutig zu sein, sondern darum, das Ereignis qualitativ und quantitativ möglichst präzise einzugrenzen.

Gruss

Markus

EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: Sa 13. Dez 2008, 00:14
von Andreas -Winterthur-
@Markus:
Ich habe den Verdacht, dass hier politisch motiviert am Teilresultat "Extremereignisse" herumgeschraubt wurde
Vergiss es...
Die Eidg. Finanzkontrolle ist das oberste Finanzaufsichtsorgan des Bundes. Sie unterstützt das Parlament und den Bundesrat, ist unabhängig und nur Verfassung und Gesetz verpflichtet. Der Aufgabenbereich ist im Finanzkontrollgesetz umfassend geregelt. Die EFK prüft das Finanzgebaren der Bundesverwaltung und zahlreicher halbstaatlicher und internationaler Organisationen. Massgebend bei ihren Prüfungen sind die Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit, der Ordnungs- und Rechtsmässigkeit. Die EFK engagiert sich zudem im Evaluationsbereich

http://www.efk.admin.ch/deutsch/index.htm

EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: Sa 13. Dez 2008, 14:16
von Kachelmann
Nein, das muss man nicht vergessen, Meteoschweiz hat dem Vernehmen nach versucht, grossen Druck auf die Verfasser und die meteorologische Leitung des Berichts auszuüben. Ob mit Erfolg, ist eine andere Geschichte.

EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: So 14. Dez 2008, 23:31
von Marco (Hemishofen)
@ Markus und JK: man kann das Konzept des "Mutfaktors" kritisieren und diskutieren, einverstanden.
Man kann sich gleichzeitig aber auch grundsätzlich fragen, ob die Methode Punktprognose und -verifikation
die einzige ist, um bswp. die Qualität von Extremereignis-Vorhersagen zu evaluieren? Wären hierzu nicht
Vorhersagen für Gebietsmittel von grösserem Nutzen? Wären probabilistische Informationen nicht ebenso wichtig?

Worauf ich hinaus möchte: der ganze Prognosewettbewerb war etwas einseitig auf MOS zugeschnitten.
Mal ehrlich, wir hätten uns einigen Aufwand ersparen können und jeden Tag unsere zur Verfügung
stehenden MOSse direkt abliefern können. Das Resultat wäre vermutlich ganz ähnlich herausgekommen,
zumindest bgzl. der Mittelwertkategorie. Ihr dürft euch über die Aufgabenstellung also schon mal nicht
beklagen, die war auf eure grösste und - zugegeben - sehr gute "Prognose-Waffe" geradezu massgeschneidert!

Die EFK kennt unseren Leistungsauftrag, da steht unter anderem der Punkt Flugwettervorhersagen drin.
Dabei spielen Elemente wie e.g. Sichtverhältnisse, Wolken-plafond und -top eine wesentlich wichtigere
Rolle, als vergleichsweise. der 1-stündige Mittelwind auf der Hofstettermatte oder der Sonnenscheindauer auf dem
Pilatus. Ich verbringe mittlerweile viel Zeit in den Schichten damit, so verständlich es noch irgendwie geht
einen 30-stündigen Wetterablauf mit base state, BECMGs und TEMPOs zu vercoden. Die Erstellung von
Muster-TAFs wäre für den Prognosewettbewerb bspw. eine Bereicherung gewesen, welche das Spektrum über
direkte MOS-Anwendungen hinaus erweitert hätte.

Ähnliche Überlegungen kann man sich beim Kapitel Routine-, Strassen-, Unwetterwarnungen, Textprognosen,
Telefonauskünfte etc. machen... Dies ein paar andere Betrachtungsweisen, bevor wieder vorbehaltlos
nur in eine Richtung geschossen wird.

Fazit: ich will hier keineswegs etwas beschönigen. Persönlich bin ich sehr zufrieden mit dem EFK-Bericht,
denn er zeigt mit dem Finger haargenau auf die richtigen Schwachpunkte. Er stellt sogar sehr konkrete
Forderungen, die ich als Prognostiker weitgehend unterstütze. Ob hinter den Kulissen in irgendeiner Art
und Weise an den Formulierungen "herumgeschraubt" wurde, weiss ich nicht, würde es ohne handfeste
Beweise auch keinem von unseren Behördenvertreter unterstellen wollen, schon gar nicht in einem Internetforum.

Gruss Marco

EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: Mo 15. Dez 2008, 07:44
von wick
Hallo Marco
Ich gebe Dir teilweise Recht, aber irgendwie musste der Wettbewerb durchgeführt werden. Aus Erfahrung kann ich Dir sagen, dass nicht nur der MOS eine Rolle gespielt hat, da war auch wirkliches synoptisches Handwerk im Spiel, und die Aussage von Keuerleber, es wäre eine zu kurze Wettbewerbszeit lasse ich nicht gelten.
Eigentlich ist der Bericht klar genug. Es geht sekundär um den gewonnen Wettbewerb, als viel mehr um die im EFK - Bericht erwähnten Konsequenzen der teils haarsträubenden Quersubventionierung. Ich bin sehr gespannt, was der MS-Chef bis Ende 2009 ausarbeitet. Ich bin aber überzeugt, dass eine mögliche Zusammenarbeit der Privaten mit dem staatlichen Wetterdienst u.U. ein gangbarer Weg wäre - to be discussed... ;-)
Das schlimmste am Wettbewerb war aber leider das wegbleiben von SFMeteo. Einerseits sagte TB, dass er für einen solchen Wettbewerb zu wenig Kapazität hätte (Film - wir privaten Wetterdienste haben sicherlich immer einige MeteorolgInnen die nichts machen und sich im Wetterbüro langweilen...) und andererseits sagt Bucheli, es sei die Aufgabe von SF landesweite Prognosen zu machen und nicht Punktprognosen bzw. einzelne Parameter einzelner Stationen. Was war nun der Grund für das Fernbleiben des Schweizer Wettersprachrohrs? Ist dies keine Punktprognose: Dieser Telefondienst von SF METEO bietet Ihnen die Möglichkeit, die aktuellen Wetterdaten sowie die 10-Tages-Prognose eines beliebigen Ortes in der Schweiz abzurufen. Die Postleitzahl (PLZ) wird mit der Telefontastatur ausgewählt. Oder wenn jemand auf das SF Wettertelefon anruft und sich über das Wetter in Niederbipp erkundigen will - gibt’s entsprechend keine Prognosen? Ich bin über solche Aussagen bzw. faulen Ausreden nur enttäuscht.
Gruss
Peter

EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: Mo 15. Dez 2008, 09:49
von Kachelmann
Na gut, es ist ja auch nicht leicht, dafür eine Ausrede zu finden, mir fiele es auch schwer. Die Medien haben das ja auch richtig erkannt und schreiben, dass SF Meteo sich gedrückt hat. Es war die Wahl zwischen dem Leben als Drückeberger und dem amtlich geprüften Verlierer in einem Prognosewettbewerb und es ist nachvollziehbar, das SF Meteo ersteres gewählt hat.

EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: Mo 15. Dez 2008, 09:52
von Kachelmann
@Marco

Ganz besonders würde ich mich auf einen Flugwetter-Bewerb freuen, da kommt es nämlich ganz besonders auf gute Punktprognosen an und unser MOS plus unser 4x4-Modell macht uns da sehr zuversichtlich. Wir können das ja mal intern abhalten?

EFK-Bericht über die MeteoSchweiz

Verfasst: Mo 15. Dez 2008, 14:15
von agio
Original von Marco (Stettfurt)

Worauf ich hinaus möchte: der ganze Prognosewettbewerb war etwas einseitig auf MOS zugeschnitten.
Mal ehrlich, wir hätten uns einigen Aufwand ersparen können und jeden Tag unsere zur Verfügung
stehenden MOSse direkt abliefern können. Das Resultat wäre vermutlich ganz ähnlich herausgekommen,
zumindest bgzl. der Mittelwertkategorie.
Hallo Marco,

die politischen Fragen lasse ich aussen vor und ich hab lange überlegt, ob ich mich in diesem Thread überhaupt einmischen soll. Allerdings bin ich mit deiner Aussage oben nicht einverstanden: Meteorologen aus allen Wetterdiensten (auch von Meteoschweiz) treten jedes Wochenende gegen die "Automaten" wie MOS im Wetterturnier an (www.wetterturnier.de), und das zum Teil sehr erfolgreich. Auch unsere (von Meteomedia) EFK-Prognosen waren zwar MOS-unterstützt aber zur Gänze von einem Meteorologen kontrolliert und verbessert. Ich habe den Anspruch in der Mehrheit der Fälle besser als MOS zu sein, sei es in der täglichen Prognose oder im Turnier. An dem Tag, an dem das nicht mehr der Fall sein sollte, werde ich meine Sachen packen (und dieser Tag wird nicht kommen).

Gruss

Alex