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Temperaturabschätzung: Frage an den Profi

Verfasst: Mo 11. Mai 2009, 09:22
von Mathias Uster
Hallo zusammen

Als Meteorologie Greenhorn noch eine unbedarfte Frage: Unser Ferienhaus in Mergoscia TI liegt auf 650m, sehr in der Nähe der Stationen Locarno Monti (367m)und Cimetta(1671m). In der Annahme, dass die Temperatur linear mit der Höhe abnimmt, könnte ich T Mergoscia aus den beiden Stationstemperaturen berechnen. Ist eine solche Annahme zulässig? Bei welchen Wetterlagen verläuft die Temperatur nicht linear und in welcher Weise weicht sie ab von der Linearität?

Besten Dank und Gruss allerseits
Mathias

Re: Temperaturabschätzung: Frage an den Profi

Verfasst: Di 12. Mai 2009, 07:27
von Reto.
Hoi Mathias

Je nach Wetterlage ist es anders und immer nur eine schätzung, einen guten kleinen Text ist bei Wikipedia zu finden:

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Barometris ... 6henformel Abschnitt Typische Temperaturgradienten
Wie Messungen der Temperaturprofile in der Atmosphäre zeigen, ist die Annahme einer linearen Temperaturabnahme im Mittel eine gute Näherung, wenn auch im Einzelfall deutliche Abweichungen auftreten können, zum Beispiel bei Inversionswetterlagen. Die Hauptursache für die Temperaturabnahme mit der Höhe ist die Erwärmung der unteren Luftschichten durch die von der Sonne aufgeheizte Erdoberfläche, während die oberen Luftschichten Wärme in den Weltraum abstrahlen. Dazu kommen trockenadiabatische oder feuchtadiabatische Temperaturänderungen einzelner aufsteigender oder absinkender Luftpakete und zusätzliche Modifikationen durch Vermischungsvorgänge zwischen Luftmassen unterschiedlicher Herkunft. In Warmluftmassen und bei Aufgleitvorgängen nimmt der Temperaturgradient Werte um 0,3 bis 0,5 K pro 100 m an, in einbrechender Kaltluft meist um 0,6 bis 0,8 K pro 100 m, im Mittel über alle Wetterlagen 0,65 K pro 100 m. In Tallagen können häufige Bodeninversionen den mittleren Temperaturgradienten auf 0,5 K pro 100 m senken, in den Wintermonaten sogar auf 0,4 K pro 100 m.

Die beschriebenen Verhältnisse sind auf die Troposphäre beschränkt. In der Stratosphäre nimmt die Temperatur deutlich langsamer ab, meist nimmt sie sogar wieder zu, vor allem wegen der Absorption von UV-Strahlung in der Ozonschicht
Oder auch hier: http://www.meteoschweiz.admin.ch/web/de ... dient.html

So mit der Faust rechne ich knapp 1K pro 100 Meter

Re: Temperaturabschätzung: Frage an den Profi

Verfasst: Mi 13. Mai 2009, 12:45
von Uwe/Eschlikon
Hallo

Ich bin zwar kein Profi, aber das mit der linearen Temperaturabnahme nach oben (bzw. Zuhname nach unten) ist nur theoretisch und funktioniert in der Praxis selten. Und in den Bergen meist gar nicht. Topografie, lokale Windsysteme, Gewässer und Massenerhebungen wirbeln alles ein wenig durcheinander.

Wir besitzen ein Chalet im Wallis, das auch nicht am Talboden, sondern erhöht am Hang steht.
Dort Talboden ist es im Schnitt einiges kühler als rund 200m höher oben, das wegen der späteren Besonnung, der Kaltluft, die dort vermehrt abfliesst und wegen stärkerem Wind.

Der Monte Cimetta ist, soviel ich weiss, ein freistehender Berg. Dort oben dürfte es um einige kälter sein, als es für diese Höhe an anderen Orten ist.
Die Temperatur-Kurve von Locarno-Monti hoch zum Monte Cimetta dürfte nach meiner Meinung ab einer gewissen Höhe ziemlich einknicken (nach oben oder unten, je nach Sichtweise). Die Topografie und die Einstrahlung an Hängen in den Alpen ergeben nie einen linearen Verlauf. Dazu kommt auch noch die Exposition (N-, O-, W-, oder S-Lage) ins Spiel. Gut ist das auch an der Vegetation abzulesen, wo warme Luft aufsteigt, welche Hänge besonders warm bis auf eine gewisse Höhe sind, um dann urplötzlich markant kälter zu werden. Als Bergtourengänger spürt man das oft am eigenen Körper ;)

Grüsse, Uwe