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Mai 2010: Konvektion, das unerkannte Wesen...

Verfasst: Di 18. Mai 2010, 17:57
von Tinu (Männedorf)
Ich finde unser diesjähriger Mai verdient nun so langsam seinen eigenen Thread.

Weshalb? Dieser Monat zeigt hier in meiner Region bezüglich der Niederschlagsverteilung ein Muster, das bereits sehr stark an die Hochsommermonate erinnert.

Das ist insofern interessant, weil dieser Mai im Volksempfinden bisher eigentlich nicht als ausgesprochen "konvektiv" wahrgenommen wird (mal abgesehen von der Brüllerlage am 11. Mai). Die Verteilung des Niederschlages ist aber m.E. ein klares Indiz dafür, dass die Bilanz trotz des kühlen und vermeintlich "skaligen" Regenwetters bereits stark von der Schauer-und Gewittertätigkeit geprägt war/ist.

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Innerhalb eines relativ kleinen geografischen Raumes gibt es enorme Unterschiede: Nimmt man den langjährigen Durchschnittswert von Wädenswil für den Mai als Referenz (130 mm) dann liegt die Spannweite von 60 Prozent des Monatssolls (Siebnen) bis 116 Prozent (Herrliberg). Bedenkt man, dass diese Stationen nur ca. 20 Kilometer voneinander entfernt liegen, ist das doch bemerkenswert. Man beachte auch die Differenz zwischen Herrliberg und Stäfa. Diese beiden Gemeinden liegen nur ca. 8 Kilometer auseinander, in Herrliberg ist aber fast 40 mm mehr Niederschlag gefallen. "Schuld" daran ist hauptsächlich der starke Gewitterzug vom 11. Mai.

Ebenfalls markant ist, dass die Voralpen-nahen Standorte (Jona, Siebnen) entgegen den langjährigen Tendenzen wesentlich trockener sind, als die Mittelland-nahen Standorte (Stäfa, Herrliberg). Der Mai ist in der Zürichsee-Region heuer also je trockener, je näher man sich den Voralpen nähert.

Normalerweise ist die Sache eher umgekehrt. Verantwortlich für diesen Zustand sind primär die Schauer- und Gewitterzüge, die bisher eben nicht die Voralpen, sondern vor allem das Mittelland getroffen haben – und auch dort für eine extrem zufällige Verteilung der Nässe gesorgt haben.

Ein weiteres sehr eindrückliches Merkmal dieses Maimonates ist, dass er aus unserer Sicht bisher eigentlich nur aus Trogvorderseiten und VB-ähnlichen Lagen bestand, die sich regelmässig abwechselten, resp. zwangsläufig in ähnlichem zeitlichen Ablauf aufeinander folgten.

Trogvorderseite:
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Abtropfen:
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Trogvorderseite:
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Abtropfen:
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Bin gespannt, wie es weiter gehen wird.

Re: Mai 2010: Konvektion, das unerkannte Wesen...

Verfasst: Di 18. Mai 2010, 18:48
von Seebueb
..........Was meine "Perioden-Theorie" eigentlich stützen würde: Die Wetterlagen verhalten sich konstant ähnlich über einen Gewissen Zeitraum. Man könnte es auch "Beharrungs-Theorie" nennen.

Dies beobachte ich schon über einen längeren Zeitraum: Seit Jahren stelle ich fest, dass sich gewisse Wetterlagen wiederholen. In einem Jahr war es so, dass den ganzen Sommer über die Tiefdruckgebiete genau am Wochenende, wenn ich gerne segeln gegangen wäre, eine anständige Ausfahrt verunmöglicht oder wenigstens erschwert wurde.

Das wäre vielleicht mal einen Thread in einem anderen Forumsteil (Wissenswertes oder aktuelle Wettermeldungen) wert.

Gruss Seebueb

Re: Mai 2010: Konvektion, das unerkannte Wesen...

Verfasst: Di 18. Mai 2010, 18:58
von Tinu (Männedorf)
Seebueb hat geschrieben:Die Wetterlagen verhalten sich konstant ähnlich über einen Gewissen Zeitraum.
Da hast du schon recht. Darüber haben wir uns ja auch schon unterhalten. Das Wetter verhält sich tatsächlich zyklisch. Diesen Mai kann man in den groben Zügen als Beispiel dafür nennen.

Bezüglich der Periodizität, resp. eher bezüglich des zyklischen Auftretens bestimmter, dominanter Grosswetterlagen werden dir wohl die meisten Klimatologen zustimmen. Das Problem ist nur, dass sich schwer Muster erkennen lassen, anhand derer man bestimmte Zyklen oder Perioden vorhersagen könnte. Das System verhält sich da meines Wissens derart chaotisch, dass jeder Versuch, es definieren zu wollen von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Re: Mai 2010: Konvektion, das unerkannte Wesen...

Verfasst: Di 18. Mai 2010, 19:47
von Rontaler
Hallo Tinu,

Gut bemerkt, das stimmt was du da aufgezählt hast. Gerade eben wieder bewiesen, schaut es doch den ganzen Tag über nach mehrheitlich grauem, langweiligem Wetter aus (Tmax in Luzern knapp 14°C, Wädenswil ebenfalls, dazu etwas weniger Sonne als gestern), sieht es nun plötzlich ganz anders aus. Wohlverstanden spielt sich die Sache einmal mehr im Kanton Zug an der Grenze zu Zürich ab, derzeit (19:40 Uhr) nordwestlich vom Zugersee, etwa auf Höhe Hünenberg ZG:

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Aber auch zwischen Root und Buchrain gab es vorhin einen kurzen Regenschauer, der zudem noch sehr fotogen war, da zur Zeit des kräftigsten Niederschlags die Sonne schien und einen satten Regenbogen hinzauberte.

So präsentiert sich ein hinterlistiger Gewittertag, der am Abend eines harmlos-langweiligen Tages entstand:

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Gruss

Re: Mai 2010: Konvektion, das unerkannte Wesen...

Verfasst: Di 18. Mai 2010, 19:48
von Federwolke
Hoi Tinu
Normalerweise ist die Sache eher umgekehrt. Verantwortlich für diesen Zustand sind primär die Schauer- und Gewitterzüge, die bisher eben nicht die Voralpen, sondern vor allem das Mittelland getroffen haben – und auch dort für eine extrem zufällige Verteilung der Nässe gesorgt haben.
Was wiederum in der ersten Maihälfte nicht ungewöhnlich ist. Gerade jetzt verlagert sich die Gewittertätigkeit vom Mittelland allmählich in die Voralpen, im Hochsommer dann noch zusätzlich in die Hochalpen. Der Zeitpunkt dieser Verlagerung ist aber auch immer von der Schneelage und der Sättigung der Böden abhängig. Und als typischer Übergangsmonat ist der Mai eben auch für alles gut: Frühsommerliche Lagen, die aus Südwesten kräftige Gewitter bringen, wie auch spätwinterliche Kaltlufteinbrüche aus Norden mit entsprechender Schauertätigkeit. Dieser Mix macht es aus, dass vielerorts an der Alpennordseite der Mai zu den niederschlagsreichsten Monaten des Jahres gehört. Dass lokal grosse Unterschiede in einem kürzeren Zeitraum auftreten, ist ebenso normal, das gleicht sich aber meist aus. Hier in Wien ist letzten Montag im Südteil der Stadt das gesamte Monatsniederschlags-Soll innert einer Stunde gefallen, im Norden der Stadt blieb es gleichzeitig trocken. Am Donnerstag hat es das Stadtzentrum getroffen, am Wochenende hat es dann über zwei Tage verteilt nochmal eine durchschnittliche Monatsmenge über die gesamte Region ausgeleert: Nun sieht es allmählich nach einem "überall rekordnassen Mai" aus, aber wie der zustande gekommen ist, wird zum Monatsende bereits wieder aus den meisten Köpfen gestrichen sein.

Re: Mai 2010: Konvektion, das unerkannte Wesen...

Verfasst: Di 18. Mai 2010, 19:51
von Alfred
Sali @ Tinu

Zu Periodizität

Ein Gedankenexperiment. Stell dir vor, dass über dem Pol auf über ~250 km Höhe ein
Pendel mit einer Schnurlänge von ca. 180 bis 200 Kilometern hängt und das schwingt,
bei einer theoritsch stillen Erde in 30 Tagen einmal rund herum. Jetzt kommt aber
dazu, dass sich die Erde pro Tag auch einmal dreht. Wie man solch ein theoretisches
Pendel benammst, das weiss ich nicht (WIKI ist für mich viel zu kompliziert).
Frage — was könnte dafür sorgen (ausser den Schmetterlingflügeln ;) ), dass sich in der
Pendelbewegung gewisse Störungen bemerkbar machen, die zu einem periodisch (du nen-
nst es chaotisch) abnormalen Verhalten der an und für sich gleichmässigen Schwingung füh-
rt , ähnlich einem Pendel, welches mit zwei verschieden langen Schnüren, aufgehägt ist.

Entschuldige, ich kann mich nicht besser ausdrücken!

Gruss, Alfred

Re: Mai 2010: Konvektion, das unerkannte Wesen...

Verfasst: Di 18. Mai 2010, 19:53
von Rontaler
Federwolke hat geschrieben: Hier in Wien ist letzten Montag im Südteil der Stadt das gesamte Monatsniederschlags-Soll innert einer Stunde gefallen, im Norden der Stadt blieb es gleichzeitig trocken. Am Donnerstag hat es das Stadtzentrum getroffen, am Wochenende hat es dann über zwei Tage verteilt nochmal eine durchschnittliche Monatsmenge über die gesamte Region ausgeleert: Nun sieht es allmählich nach einem "überall rekordnassen Mai" aus, aber wie der zustande gekommen ist, wird zum Monatsende bereits wieder aus den meisten Köpfen gestrichen sein.
Hallo Federwolke,

Ja, die Regenfälle in Wien waren enorm. Ich habe das Video gesehen das aus einer Kneipe gemacht worden ist mit der überfluteten Strasse, Wahnsinn, das habe ich noch nie gesehen! :shock: Gibt es Summenkarten zu den Ereignissen in Wien? Wäre sicherlich sehr interessant das ganze Geschehen über die Tage in Zahlen zu sehen - passt allerdings eher in den Thread "Ausland".

Gruss

Re: Mai 2010: Konvektion, das unerkannte Wesen...

Verfasst: Di 18. Mai 2010, 21:02
von Stefan im Kandertal
Rontaler: Nachdem ich den Tag schon abgeschrieben hatte gabs soeben einen fetten Schauer ;). Shwerpunkt wohl eher vorbeigezogen. Aber ganz nette Regenrate. Nun herrschte gleich Schauerstimmung vom schönsten. Ob das Teil über dem Niesen auch noch was bringt? Wäre ja richtig luxuriös. Kaum zu glauben was Reichenbach manchmal noch anzustellen vermag. Nachdem wir bisher Ns. mässig heute selbst in Bern Süd Nieten waren.

Aber so eiskalt wie bei den Innerschwyzern wirds dadurch nicht :-D

Re: Mai 2010: Konvektion, das unerkannte Wesen...

Verfasst: Di 18. Mai 2010, 21:17
von Tinu (Männedorf)
@Federwolke

Da hast du natürlich völlig recht. Der Mai ist in der Regel kein Gewitter- und Schauermonat für die Alpen und Voralpen, sondern eher für das Mittelland. Und zwar aus den von dir genannten Gründen (v.a. Schneebedeckung, Wasserhaushalt allg.). Häufig wird das allerdings m.E. im Mai durch Staulagen etwas ausgeglichen, die dann wiederum für höhere Mengen entlang des Alpenbogens sorgen.

@Alfred

Ich nehme an du spielst auf die Rossby-Wellen an. Ich bin da zwar auch kein Experte. Allerdings sind diese Wellenbewegungen bei genauer Betrachtung meines Wissens alles andere als konstant. Vielmehr gibt es diverse Faktoren, welche ihre Ausprägung beeinflussen. Die "perfekte", also 100 Prozent vorhersagbare grossräumige Zirkulation ist ein Ding der Unmöglichkeit, weil eine solche Zirkulation nur in einer - mathematisch und physikalisch betrachtet - "widerstandslosen" Umgebung stattfinden könnte. Die Natur ist aber nicht klinisch-perfekt. Tröge und Keile als augenfälligste "Produkte" der atmosphärischen Rossby-Wellen unterliegen bereits x-Faktoren, welche ihre Ausgestaltung beeinflussen. Bsp. reicht nur schon das Vorhandensein der kontinentalen Landmassen aus, um dieses System zu chaotisieren. Und dann gehts vom 100sten ins 1000ste...aber wie gesagt: Ich bin da kein Experte. Sowas muss man definitiv studiert haben, um es richtig zu verstehen.

Re: Schauer/Gewitter am 19.05.10

Verfasst: Do 20. Mai 2010, 10:40
von Michael (Gossau ZH)
OT:

Die Badi Gossau ZH feiterte am 1. Mai nasskalte Eröffnung. Bis heute (19 Tage) hatte sie jedoch noch keinen einzigen Tag geöffnet.

Frage: Ist dieser Mai eigentlich was den Regen und die Kälte angeht bisher rekordverdächtig? Mich dünkts, dass es bisher jeden Maitag zumindest kurz geregnet hat


Grüsse