Hoi Willi
Sicher, die seit November beständige Grosswetterlage bei uns ist ein Zusammenspiel von ENSO und NAO. Die Kaltwasseranomalie im Nordatlantik bestand in ähnlicher Weise bereits im letzten Winter und hat ebenfalls in der ersten Winterhälfte häufige Südwestlagen hervorgebracht. Der Input vom Pazifik her stützt diese Konstellation, da der Kaltluftstrom gar nirgendwo anders als über dem Westatlantik nach Süden ausbrechen kann. Womit die Kaltwasseranomalie in diesem Gebiet weiter am Leben erhalten wird --> positive Rückkoppelung. Was ich in meiner Winterprognose angeschnitten hatte, aber nicht zu weit ausführen konnte, da es sonst ausgeufert und für den Durchschnittsleser zu kompliziert geworden wäre, ist die Besonderheit der aktuellen positiven NAO-Phase eben durch diese Kaltwasseranomalie. Normalerweise bedeutet NAO+ starkes Islandtief und starkes Azorenhoch. Derzeit haben wir sehr starke Islandtiefs, aber das Azorenhoch liegt an der falschen Stelle, bzw. ist zweigeteilt in ein Karibikhoch und ein Mittelmeerhoch. Direkt über den Azoren ist immer wieder dieser Trogeinfluss zu sehen. Und dennoch ist der NAO-Index fast durchgehend höher als prognostiziert:
Quelle:
http://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/p ... ensm.shtml
Lesehilfe: Die blaue Linie zeigt das Ensemble-Mittel für den NAO-Index, die roten Linien die beiden extremsten Member, die Linie schwarze die effektiv eingetretene Lage. Man sieht, dass schwarz fast immer über dem Ensemble-Mittel liegt und häufig sogar die obere rote Linie übertrumpft. Will heissen: GFS unterschätzt seit Wochen den starken Atlantik-Einfluss für Europa, obwohl das Azorenhoch an der falschen Stelle liegt. Fazit: Trotz NAO+ haben wir statt häufiger Westzyklonal-Lagen mehr Südwest antizyklonal. Dies ist - glaubt man dem britischen Wetterdienst - eine typische Situation für den Herbst während der El Niño-Phase:
http://www.metoffice.gov.uk/research/cl ... SO-impacts
Dass dieses Herbstmuster so weit in den Dezember hinein Bestand hat, ist meiner Meinung nach der Kombination El Niño und NAO+ geschuldet.
In der zweiten Winterhälfte hingegen sollte El Niño die NAO schwächen (kälteres Nordeuropa gem. metoffice-Grafik). Und genau da nehmen die Unsicherheiten zu: Ich tendiere dazu, dass die Kaltwasseranomalie die NAO am Leben erhält und somit der El Niño-Einfluss eher abnimmt. Doch wir haben es mit einem aussergewöhnlichen El Niño zu tun (CP-El Niño oder eben Modoki), der zudem in dieser Ausprägung bisher nur selten vorkam (daher wohl die extremen Abweichungen im Nordpazifik), daher sind Überraschungen durchaus möglich. Das diesjährige Muster wurde übrigens bereits vor Jahren erwartet:
http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/ ... ndert.html
Meine Winterprognose verknüpft all diese Fakten und stellt somit eine These auf, die erst bewiesen werden muss. Wenn ich damit auf die Nase falle, so dürfen all meine Leser kostenlos am Lernprozess teilhaben (im Gegensatz zu all jenen Langfristpropheten, die regelmässig in den Medien ihre Orakeleien platzieren, mache ich meine Verifikationen öffentlich). Habe ich damit Erfolg, ist es hoffentlich Werbung in eigener Sache.