@ nordspot
Hoi Ralph
zunächst einmal danke für die Threaderöffnung und Dein Anruf heute. Mich wundert diese Ruhe eigentlich nicht; auch ich bemerke meine Zurückhaltung in Bezug auf den kommenden Dienstag, 05. Mai (meinem Geburtstag, an dem ich meistens am Chasen war in den letzten Jahren...). Ich beobachte die Situation seit vorgestern. Der neuste GFS-Lauf sieht ziemlich knackig aus, der sich dann etwas so zusammenfassen liesse:
Forecast (+ 72 h, vt 05.05.2015, 18z)
Auf der Vorderseite eines Troges über Westeuropa hat sich ein Randtief, als sich abschwächender "Schnelläufer" in das bestehende und stationäre Nordseetief integriert und dieses verstärkt. In der Schleppe dieses nach Norden ziehenden Sturmtiefs, welches am Morgen im Raum Clermont Ferrand und später in den Beneluxstaaten orkanartige Windböen verursacht, wird durch das französische Rhonetal feuchtwarme Mittelmeerluft advehiert. Mit allmählicher Annäherung des Troges an die Schweiz gegen Abend, mit der auch eine wenig okkludierende Kaltfront nach Osten vordringt, die an das erwähnte Nordseetief (und nicht an den Schnellläufer) angebunden ist, steilt sich der vertikale T-Gradient (850er pseudopotentielle T) markant auf (Theta-e, 18z) und mit der ankommenden Feuchte und der im Tagesgang erzeugten Wärme (2m Tmax Ostschweiz 29° Grad Celsius, 15z), steigt das Gewitterrisiko markant. Durch den überaus starken Deckel von > 300 J/kg CIN im gesamten Mittelland und der Ostschweiz (9z) bis weit in den frühen Nachmittag hinein, verursacht durch den (von Ralph erwähnten) sich ziemlich schnell zurückziehenden Föhn (der ein Gewitterhemmer ist), dürfte aus der Innerschweiz heraus und danach in der gesamten Ostschweiz, Süddeutschland, Allgäu, Bayern (Memmingen, München, Ulm etc.) eine klassische "loaded gun"-Situation anzutreffen sein, die im Gebiet von Ravensburg, über Memmingen bis Kempten zu Schwergewittern, allenfalls zu einer Superzelle mit grosskörnigem Hagel > 3cm führen kann. Angesagt sind jedenfalls Wolkentop-Temps. von > -62 Grad Celsius. Durch erhöhte PVA-Werte bis 700 hPa im gesamten Alpenvorraum, dürfte sich das Ganze sogar eher präfrontal abspielen, da die eigentliche Front erst gegen den späteren Abend und moderat die westliche Schweizer Grenze überquert und eher abschwächt. Taupunkte von bis zu 19° Grad Celsius in der Ostschweiz, sind doch wahre "Sahnehäubchen", oder???!!!

In Bayern gibt's einen Hitzetag von rd. 32° Grad Celsius (2m-Tmax)......; und endlich - nach rd. zweijähriger Schwergewitter-Pause - geht's östlich der Schweizer Grenze wieder ordentlich zur Sache, mit Blitzspektakel vom Feinsten!
Doch entgegen dieser Interpretation aus den neusten GFS-Modellen, will WRF-ARW (Janek Zimmer, 12 km-Gitter + 72 h = 05.05.15 12z) von alle dem überhaupt nichts wissen, wobei zur Zeit nur bis zum VT 12z Karten erhältlich sind. Morgen sehen wir weiter..... Nach den derzeitigen WRF-Modellen lässt sich bei einer fast identischen Ausgangslage (Synoptik Europa) ein völlig anderes Szenario errechnen, da die KF fast zum erliegen kommt, schleift sie in Süd-Nord-Achse so stark, dass ihr Einfluss gerade noch im präfrontalen Sektor für Konvektion im Jura, in den Vogesen (und Rheingraben) und der Schwäbischen Alb reicht, wobei (wie in vergleichbaren Situationen auch schon) vereinzelte Gewitterzellen ins untere Wallis hineindrängen. Bis jetzt vertraue ich 60/40 eher GFS, bin aber verhalten euphorisch.
Du hast mich um einen Kommentar und eine Kritik zu Deinem Post gebeten. Ich erlaube mir hier deshalb zwei doch ziemlich entscheidende Dinge zu erwähnen. Der von Dir benutzte Begriff "Randtief" ist nur bedingt richtig, denn im Verlauf der Episode wird dieses von Dir erwähnte Tiefdruckgebiet in das stationäre Bodentief über der Nordsee integriert und erst in dieser (End)-Phase bildet sich das komplexe Frontensystem. Zu Beginn der gesamten Episode, am Sonntag, 03.05.2015, 00z, bildet sich leicht westlich der Azoren ein in sich selbst abgeschlossenes Tiefdruckgebiet (Bodentief), am Rand eines sich allmählich nach Süden ausgreifenden, spitzen Troges (Höhentief):
Weil es am Rand dieses "Tiefdruckgebildes" entsteht, heisst es Randtief. Es wird durch das Höhentief, korrespondierend, d.h. parallel laufend zur Rossbywelle, geleitet. Es ist deshalb ein durch den Höhentrog gesteuertes Teiltief; in diesem Fall ein typischer, klassischer sog. "Schnelläufer", von dem aber keine ernste Gefahr auszugehen scheint (Berühmte Schnelläufer: Orkane Lothar, Kyrill, usw.). Dieser Schnelläufer nimmt zwar eine ähnliche Zugbahn wie der Orkan Xynthia, aber er bleibt im Rahmen eines normalen Sturmtiefs, welches sich im Verlauf des Dienstags über dem europäischen Festland abzuschwächen scheint.
Am Montag, 04.05.2015, 00z "schnappt" sich der ausgreifende Trog bei den Azoren das Sturmtief.......:
.....und "schleift" es mit auf das europäische Festland, bzw. in Richtung Ärmelkanal....
.....wo es am 05.05.2015, um 18z, vom stationären Nordseetief "verschluckt" sein würde......
Ein Sushi-Häppchen und weg isses...
Die Pyrenäen liegen auf dem Weg des Sturmtiefs. Prognostiziert sind dort am 04.05.2015, 21z, rd. 130 km/h Böenspitzen (und bei WRF wird bei diesem Parameter manchmal sogar etwas untertrieben):
6 Stunden später dann noch westlich des Schweizer Juras in Frankreich (05.05.2015, 03z) sind es dann "nur" noch rd. 100 km/h (Böenspitzen, 10m-Wind):
Zum Thema Höhenjet:
Für mich sind die aussagekräftigsten Parameter für die Höhenjetmodellierung auf 300 hPa (nicht 500 hPa) bei Janek (WRF-ARW) zu finden. Die 12z-Karte vom 05.05.2015 sieht so aus:
Es gibt eine ganz einfache Faustregel, die man sich gut merken kann: "Divergenz in der Höhe erzeugt Konvergenz am Boden und umgekehrt." Wenn der Höhenjet also kovektionsunterstützend sein soll, dann muss er die entstehenden Zellen "in die Höhe saugen". Dies geschieht durch entsprechende Divergenzfelder, welche auch die PVA beeinflussen und deshalb der Effekt sich auch in tiefere Schichten auswirken kann.
Bei Janeks Parameter sind diese Divergenzfelder durch Zonen dargestellt, die weisse Konturen in unterschiedlicher Dicke aufweisen. Sie häufen und scharen sich im linken Ausgangsbereich (= "Ast") des Jets, weshalb dort auch die Scherung im vertikalen Windprofil am deutlichsten ist, wobei dadurch u.a. wiederum das Potential für die Bildung von Tornados erhöht ist. Die Grundbedingungen müssen aber optimal zusammen harmonieren. Nicht jedes Mal formieren sich im sog. "left Exit"-Bereich Grosstromben verschiedenster Ausführungen. Doch dort steigen die Chancen.
Die Schweiz liegt demnach nicht im left Exit-Bereich des Jets am 05.05.2015. Doch die SRH-Werte 0-3 km liegen bereits um 12z im französischen Rhonetal und entlang des Juras und Schweizer Mittellandes so hoch (ca. 200 - 400 m2/s2), dass ich zwischen 14 00 Uhr und 17 30 Uhr, mit Unterstützung von oben (Randbereich des Höhenjets, mit lokalen Divergenzfeldern) einen Tornado im Jura nicht ausschliessen würde (Grossraum Lac du joux / Orbe)
Gruss Cyrill