Werbung

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
Antworten
Philippe Zimmerwald
Beiträge: 1637
Registriert: Fr 17. Aug 2001, 14:05
Wohnort: 3625 Heiligenschwendi
Danksagung erhalten: 884 Mal

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Beitrag von Philippe Zimmerwald »

Hallo!

Aus aktuellem Anlass ein Beispiel zur Lokalklimatologie der Alpen: Vergleich dreier ANETZ-Stationen in den Schweizer Alpen:

06735 Adelboden (1320m)
06724 Montana (1508m)
06745 Ulrichen (1345m)

Lage: http://www.meteoschweiz.ch/data/wetterk ... eratur.gif

Wo liegt am meisten Schnee und warum?

-----------
Hypothese 1 -> HÖHENLAGE ist entscheidend:

Falls nur die Höhenlage entscheidend wäre, mussten in Montana mehr Schnee liegen als in Adelboden und Ulrichen; doch die aktuellen Schneehöhen zeigen ein anderes Bild:

Schneehöhen 15.01.2004
Adelboden: 16cm
Montana: 45cm
Ulrichen: 106cm

Die Höhenlage ist für die Höhe der Schneedecke also sekundär, was ist der entscheidende Faktor? Ist dies die Niederschlagsmenge, vielleicht liegt Adelboden in einem Trockental?

-----------
Hypothese 2 -> JAHRESNIEDERSCHLAGSMENGE ist entscheidend:

Durchschnittliche Jahresniederschlagssummen 1901-60:
Adelboden: 1312mm
Montana: 859mm
Ulrichen: 885mm

Die Verwirrung ist komplett! Es gibt nun zwei Möglichkeiten: a) Die Jahresniederschlagsmenge ist unbedeutend b) die Schneehöhe vom 15.01.2004 entspricht nicht dem klimatologischen Mittel, ist also ein Ausreisser. Verfolgen wir die These des „Ausreissers“.




------------
Hypothese 3 -> die aktuelle SCHNEEHÖHE wiederspiegelt nicht das klimatologische Mittel.

Klimatologisches Mittel (Median) der Schneehöhe für Januar 1961-80:
Adelboden: 33cm (akt. liegen 49 %)
Montana: 61cm (akt. liegen 74%)
Ulrichen: 82cm (akt. liegen 129%)

Die aktuellen Schneehöhen wiederspiegeln das klimatologische Mittel tatsächlich nur teilweise, aber die Verteilung ist interessant: dort wo die klimatologische Schneehöhe überdurchschnittlich ist liegt mehr Schnee (Ulrichen), dort wo eher wenig Schnee zu erwarten ist, liegt unterdurchschnittlich viel Schnee (Adelboden). Dies macht die Betrachtung erst recht interessant, denn der entscheidende Faktor für die Schneeverteilung muss in den vergangenen Tagen/Wochen besonders ausgeprägt in Erscheinung getreten sein!

Die Jahresniederschlagsmenge kann als Faktor verworfen werden, da auch das klimatologischen Mittel der Schneehöhe fast invers zur Jahresniederschlagssumme verhält: je weniger Niederschlag, desto höher die Schneedecke -> und dies kann ja nicht sein!

------------
Hypothese 4 -> die NIEDERSCHLAGSSUMME von NOV-JAN ist entscheidend (1901-60):

Adelboden: 273mm (21% der Jahressumme)
Montana: 249mm (29% der Jahrssumme)
Ulrichen: 234mm (26% der Jahrssumme)

Zwar ist auch diese Niederschlagssumme nicht der entscheidende Faktor, doch wird der Widerspruch (vereinfacht gesagt): „viel Niederschlag - wenig Schnee / wenig Niederschlag - viel Schnee“ eliminiert. Die sommerlichen Gewitterregen machen den Jahresniederschlag als Faktor für Schneehöhen unbrauchbar. Zwar liegt das Niederschlagsmaximum bei Adelboden und Montana im Sommer, aber mit verschiedener Grössenordnung (z.B. Juli: Adelboden: 155mm, Montana: 77mm) In Montana ist das Niederschlagsmaximum im August, da Gewitterregen in den Zentralalpen – wegen der fortschreitenden Schneeschmelze – erst dann ihr Maximum erreichen. In Adelboden (Nordalpen) sind die Berge niedriger und die Schneeschmelze früher beendet. Der Unterschied zwischen Montana (29%) und Ulrichen (26%) lässt sich durch die herbstlichen Südostlagen erklären. Ulrichen hat das Niederschlagsmaximum im Oktober. Das warme Mittelmeer und sich verstärkende Zyklongenese im Mittelmeerraum können zu massivem Feuchtetransport gegen das Südostwallis führen.

Die Niederschlagssummen sind in etwa ähnlich, aber vielleicht ist der Schnee-Regen-Anteil unterschiedlich.

------------
Hypothese 5 – die NEUSCHNEESUMME ist entscheidend (1970-79, Nov.-Apr.):

Adelboden: 517cm
Montana: 450cm
Ulrichen: 547cm

Der Schneeanteil am Niederschlag ist ähnlich, die Neuschneesumme ist für die Schneehöhenverteilung von untergeordneter Bedeutung. Wenn die Schneeakkumulation ähnlich ist, aber die Schneehöhe unterschiedlich, muss der entscheidende Faktor bei der Schneeablation (=Schneeschmelze) gesucht werden! Verschiedene Parameter beeinflussen die Schneeschmelze, beschränken wir uns vorerst auf die Temperatur.

------------
Hypothese 6 - die TEMPERATURVERTEILUNG ist entscheidend (Jan.Mittel, 1961-90):

Adelboden: -2.2°C
Montana: -2.5°C
Ulrichen: -7.5°C

Et voilà! In Ulrichen kann sich die Schneehöhe aufbauen, da es sich um ein inneralpin abgekoppeltes Lokalklima handelt. Der gefallene Schnee bleibt relativ lange liegen, Schneeschicht um Schneeschicht akkumuliert sich, die Schneehöhe wächst bis Mitte März.
Die Temperatur ist der entscheidende Faktor für den Unterschied zwischen Ulrichen und Adelboden/Montana, aber die Differenz Montana-Adelboden ist unzureichend erklärt.

Warum liegt in Montana mehr Schnee? Nur weil es im Monatsmittel 0.3 Grad kälter ist? Nein, auch hier ist das Monatsmittel ein Wert, welcher die Ursachen verwischt, analog zum Jahresniederschlag. Gibt es Wetterlagen, wo der Temperaturunterschied besonders ausgeprägt ist?

------------
Hypothese 7 – eine/mehrere WETTERLAGE(N) ist entscheidend:

Wenn dies so wäre, müsste diese Wetterlage in letzter gehäuft aufgetreten sein, da die aktuelle Schneeverteilung zwar dem Mittel entspricht, aber besonders unausgeglichen ist.

In den letzten Tagen war eine lebhafte Westlage dominierend. Da – wie wir bereits feststellen konnten - der Faktor bei der Schneeschmelze zu suchen ist, muss die entscheidende WETTERLAGE nicht in den Kaltphasen der Westlage, sondern (wenn der Schnee schmilzt) in der Warmphase gesucht werden. Die wärmsten Phasen traten im Warmsektor auf, also verfeinern wir unsere Hypothese:

------------
Hypothese 8 – sind WETTERLAGEN, wie sie in den letzten Tagen im Warmsektor der Westlage zu beobachten waren für die Schneeverteilung verantwortlich?

Verfolgen wir diesen Gedanken weiter...wie sieht die Situation in den westlichen Alpen bei Westlagen im Warmsektor aus?
In der Regel dominiert SW-Wind. Manchmal dominieren Süd-Föhneffekte, manchmal Starkregen durch Weststau, verfeinern wir unsere Hypothese erneut:

------------
Hypothese 9 – sind folgende Wetterlagen: SÜDFÖHN/WESTSTAU IM WARMSEKTOR für Schneeverteilung verantwortlich?

Die belegende Begründung würde den Rahmen dieses Postings sprengen, deshalb die Kurzfassung:

Adelboden befinden sich in einem SW-NE orientierten Tal. In den Alpen ist besonders bei talachsenparallelem Druckgefälle gute Durchmischung zu erwarten, dass heisst wärmere Luft verdrängt die im Tal liegende Kaltluft rasch. Bei SW-Wind müsste also Adelboden rasch wärmer werden. In Montana müsste die Temperatur auch ansteigen, aber langsamer: warum? Das Druckgefälle liegt 45° zur Talachse. Während das Tal in Adelboden gegen NE offen ist, schliesst das Rhonetal gegen Osten, was der Durchmischung nicht förderlich ist. Das Goms (Ulrichen) ist abgeschlossen, der Kaltluftsee wird nur mit Mühe ausgeräumt. Hier müsste die Temperatur steigen, sobald Wolken aufziehen. Die dynamische Durchmischung viel schwächer...

...und so präsentierte sich die Situation heut morgen (unterschiedliche Skala!):
Bild
Bild
Bild
Ab 19 Uhr setzte Druckfall ein, bis 22 Uhr fiel die Temperatur auf –7.7 Grad. Danach stieg die Temperatur an, zuerst nur leicht, ab Mitternacht kräftig, so dass es um 6 Uhr über 10 Grad wärmer war mit fast +3°! In Adelboden gibt es in der Regel kein Föhndurchbruch, sondern ein allmähliches Aufleben des Südwestwindes (seichtes Einfliessen). Dies zeigt das sich die Kaltluft sehr leicht ausräumen lässt.

Bild
Bild
In Montana ist der Verlauf ähnlich, jedoch ohne Föhneffekt. Die Temperatur stieg um lediglich 4 ° (Skala!) – ohne Windzunahme.

Bild
Bild
Ulrichen = Kaltluftsee, ab 2 Uhr Wolkenfelder. Temperaturdifferenz zu Adelboden um 22 Uhr noch kaum 2 Grad, ein paar Stunden später bis 13.5 Grad!

Bei SW-Wind erwärmt sich die Luft trockenadiabatisch bis Adelboden (also SW-Föhn). Oft reagiert Adelboden als eine der ersten Stationen der Schweiz! Dies ist der Schneedecke im wahrsten Sinn des Wortes „abträglich“.
Bei Südföhn schmilzt die Schneedecke in Adelboden rasch, in Montana langsam und in Ulrichen oft gar nicht (Frost.)

Bei Weststau und Warmfront aus Nordwesten verhält es sich anders. Oft regnet es in Adelboden. Die Warmluft setzt sich in den westlichen Nordalpen durch, die Schneefallgrenze steigt. In den Zentralalpen kann sich die Kaltluft halten, die Schneefallgrenze bleibt tief. Besonders bei Warmfronten aus Nordwesten, da die Schichtung sehr stabil ist.

Zusammenfassung: In Ulrichen, Montana, Adelboden fallen zwar ähnliche Schneemengen, aber die Schneeschmelze ist unterschiedlich intensiv. Während Kaltluft in Adelboden rasch ausgeräumt wird, die Schneeschmelze früh beginnt und intensiv ist, wird die Kaltluft in Ulrichen kaum ausgeräumt, die Schneehöhe bleibt stabil und wächst beim nächsten Schneefall. In Adelboden ist inzwischen viel Schnee geschmolzen, die Schneedecke muss sich beim folgenden Schneefall neu aufbauen.

Hoffe, das dieser lange Beitrag nicht langweilig war. Viele Grüsse aus Adelboden, wo der Schnee wieder schmilzt, ja es hat SW-Wind, besser gesagt Südwestföhn...

Philippe
Philippe Heiligenschwendi 1000m (ehemals Zimmerwald 899m)

Markus Pfister
Beiträge: 2488
Registriert: So 19. Aug 2001, 20:08
Geschlecht: männlich
Wohnort: 6597 Agarone
Hat sich bedankt: 1030 Mal
Danksagung erhalten: 3007 Mal
Kontaktdaten:

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Beitrag von Markus Pfister »

Hypothese 10: - Carlo schreibt seine Diss in einer Hütte in Ulrichen ;-)

Danke für diese tolle Analyse!
Super geschrieben und sehr gut nachvollziehbar.

Gruss

Markus


Benutzeravatar
Marco (Hemishofen)
Beiträge: 1364
Registriert: So 23. Jun 2002, 18:15
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8261 Hemishofen
Hat sich bedankt: 250 Mal
Danksagung erhalten: 546 Mal

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Beitrag von Marco (Hemishofen) »

Hypothese 11: Carlo musste sich einen Morgen lang ueber seine Analogleitung aergern, bis er diese super Analyse zusammengetragen hatte;-)

Wir haben gestern in der Wetterbesprechung am GIUB mit Ralph Rickli auch kurz das Wallis angesprochen, mit der Zwischenbemerkung, dass bei Westlagen wie diese Woche das Wallis nicht annaehernd diese Windgeschwindigkeiten hat, wie die Alpennordseite, dementsprechend stagnierende Luftmassen und andere thermische Verhaeltnisse.

Schliess mich Markus' Lob fuer die Analyse an.

Gruss aus Bern
Marco
Gruss Marco
-------_/)----

Benutzeravatar
Uwe/Eschlikon
Beiträge: 3064
Registriert: Mi 4. Jun 2003, 14:35
Wohnort: 8360 Eschlikon/TG
Danksagung erhalten: 334 Mal
Kontaktdaten:

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Beitrag von Uwe/Eschlikon »

Hallo

Als Ferienhausbesitzer im Goms (Lax) und Wetter-Interessierter muss ich auch was zu den Ausführungen von Carlo sagen:

Ich denke, der erste Fehler liegt in falschen Ausgangs-Werten:
- Ausgangshöhe ist korrekt
- aktuellen Schneehöhen vermutlich auch
- die jährliche Niederschlagsmenge zweifle ich an

Ulrichen hat bestimmt mehr als 885mm Jahresniederschlag, denn Fiesch, das viel weiter unten im Goms liegt hat schon über 900mm. Ich denke, dass Ulrichen im Bereich von 1300-1500mm liegt. Das Goms ist keineswegs so trocken wie man glauben möchte. Die Anzahl Tage mit Niederschlag sind sicher geringer als anderen Orten mit vergleichbarer Menge Niederschlag. Wenn es aber im Goms richtig regnet (schneit!), dann kommt auch was an Nass herunter. Die Niederschlagsspitze liegt meines Wissens im Februar/März, wo allerdings fast alles als Schnee herunterkommt. Eine zweite Spitze gibt es im Oktober.

Werde die genauen Zahlen noch heraus suchen.

Gruss
Uwe

Benutzeravatar
Uwe/Eschlikon
Beiträge: 3064
Registriert: Mi 4. Jun 2003, 14:35
Wohnort: 8360 Eschlikon/TG
Danksagung erhalten: 334 Mal
Kontaktdaten:

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Beitrag von Uwe/Eschlikon »

Noch etwas

Montana und Ulrichen haben auch eine ganz unterschiedliche geografische Lage, wodurch sich das Lokal-Klima grundsätzlich unterscheidet. Dabei denke ich nicht nur an die Temp.-Verteilung. Auch in der Anzahl Sonnenstunden unterscheiden sich die zwei Orte frappant. Und wie gesagt, Ulrichen liegt in einer "Mulde", Montana auf einer nach Süden orientierten Sonnenterasse. In Ulrich ist das Tal eng, in Montana ist das Tal weit offen. In Montana bringen Föhnlagen wenig bis kein Niederschlag, In Ulrichen durch die Nähe an der Nord-Süd-Scheide häufig Niederschlag (wird durch die Winde über den Alpenkamm transportiert), usw. usw.

Gruss
Uwe

Philippe Zimmerwald
Beiträge: 1637
Registriert: Fr 17. Aug 2001, 14:05
Wohnort: 3625 Heiligenschwendi
Danksagung erhalten: 884 Mal

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Beitrag von Philippe Zimmerwald »

Hallo!

Es freut mich, dass die Ursachenanalyse gefällt, musste mir den "Frust" von der Seele schreiben - dieser verfluchte SW-Wind ;-) Ich weiss, andere würden sagen "Wind isch geil!" :-O

Also zum Niederschlag im Goms und angrenzenden Regionen:

In "Annalen der MeteoSchweiz", Anhang sind Normalwerte aufgeführt. Für Niederschlag bezieht sich die Referenzperiode auf 1901-1960.

Ulrichen: 885mm

Ich hab die digitalen Niederschlagsdaten der online-Datenbank der MeteoSchweiz einiger Stationen (brauche ich für meine Arbeit). Dabei hab ich die Niederschlagssummen selbst berechnet.

Von 1961 bis 2000 wurden zahlreiche Stationen aufgehoben, neu errichtet oder an einen anderen Standort verlegt. Um die Zahl der langen Niederschlagsreihen zu erhöhen, bilde ich aus kürzeren Messreihen naheliegender Stationen 40-jährigen Reihen.

Sofern die alte und die neue Niederschlagsstation während einer Periode parallel messen, können die Niederschlagswerte verglichen werden. Eine Abschätzung, ob die Bildung einer langen Niederschlagsreihe gerechtfertigt ist, ist möglich. Die Niederschlagswerte beider Stationen werden in Quantile transformiert, um einen Plot zu erstellen. Die Plotgrafik vermittelt einen qualitativen Überblick der Ähnlichkeit der Niederschlagsverteilung beider Stationen.

Leider besteht bei einzelnen Stationswechseln keine Parallelmessungen, hier können die Niederschlagswerte nicht verglichen werden. Ob die Bildung einer langen Reihe gerechtfertig ist, lässt sich nur anhand Überlegungen zur geographischen Lage der Stationen und der Exposition bezüglich der atmosphärischen Strömungsmuster beurteilen. Keine Parallelmessung besteht bei den Stationen 7080-7068.


Mittelwert der Jahre 1961-2000: Uwes Misstrauen wird bestätigt:

5010 Grimsel-Hospiz
2146 mm

7020 Oberwald
1554 mm

7040-7050 Ulrichen-Reckingen
1141 mm

7068-7070-7080 Fieschertal-Fiesch-Ernen
938 mm

7100 Binn
1141 mm

7130 Brig
731 mm

7240 Ackersand/Stalden (trockenste Station der Schweiz)
535 mm


Die Differenz bei Ulrichen (1901-60) und der zusammengesetzten Reihe Ulrichen-Reckingen (1961-2000) ist erheblich, die Zunahme beträgt +32.7%!

Die Ursache ist mir unklar: Messlücken in früheren Jahren, Messfehler, schlechte Aufstellung oder ist die Bildung einer langen Reihe nicht gerechtfertigt?!

Für die lange Reihe sprechen zwei Argumente:
1.) generell nehmen die Niederschläge talaufwärts, gegen Grimsel/Oberwald zu. Reckingen liegt tiefer im Tal als Ulrichen, sollte also eher tiefere Werte liefern als Ulrichen.
2.) bei den berechneten Niederschlagssummen (61-00) passt die Summe (1175mm) ins Bild. Wie Uwe bereits bemerkte liegt in Fiesch talabwärts die Summe bei 938mm.

Hilfreich wäre folgender Wert: Niederschlagssumme 5010 Oberwald 1901-60. Dieser liegt mir nicht vor. Wie war die durchschnittliche Jahressumme 1901-60? Ist diese Jahressumme auch markant kleiner?

Grüsse Philippe
Philippe Heiligenschwendi 1000m (ehemals Zimmerwald 899m)

Philippe Zimmerwald
Beiträge: 1637
Registriert: Fr 17. Aug 2001, 14:05
Wohnort: 3625 Heiligenschwendi
Danksagung erhalten: 884 Mal

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Beitrag von Philippe Zimmerwald »

Hallo Uwe!

1.) Zitat aus dem ersten Beitrag: "Verschiedene Parameter beeinflussen die Schneeschmelze, beschränken wir uns vorerst auf die Temperatur."

2.) Ich konzentrierte mich eher auf Vergleich Adelboden-Ulrichen, Adelboden-Montana als Ulrichen-Montana.

Tut mir leid, dass ich heute in einer Stunde keine allumfassende Arbeit "töggele" konnte, aber deine Einwände sind korrekt.

Ciao
Philippe Heiligenschwendi 1000m (ehemals Zimmerwald 899m)


Benutzeravatar
Marco (Oberfrick)
Beiträge: 3019
Registriert: So 16. Jun 2002, 11:29
Geschlecht: männlich
Wohnort: W 5073 Gipf-Oberfrick / A 4051 Basel
Hat sich bedankt: 200 Mal
Danksagung erhalten: 166 Mal
Kontaktdaten:

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Beitrag von Marco (Oberfrick) »

Hi

Sehr intressanter Bericht Carlo und den anderen Ergänzungen.

Wil auch noch etwas zum Thema Schneehöhen sagen.

Mir ist aufgefallen der wenn man die Schneekarte anschaut der Bereich Saastal, Simplongebiet, Oberes Goms,Betretotal und oberes Leventina diesen Winter zimmlich viel Schnee abbekommen haben.

Bild

Ein kleines Beispiel Saas-Fee auf 1800m.ü.M hatte letzen Winter nie eine grössere Schneehöhe als 70cm gehabt jetzt sind es schon 120cm!

Diese Karte bestehtigt das auch

Bild

Das ist im Saastal zimmlich ausergewöhnlich weill eigentlich nur Schnee in grösseren Mengen fählt wenn Südlage herscht ( Wurde mir auch von Einheimischen bestehtigt)
Finde das zimmlich Ausergewöhnlich wenn man noch bedenkt das letztes Jahr schon mehr als durchschnittlich viel Schnee lag auf dieser Höhe und Lage. Zum Verlgleich als ich vor 2 Jahren auch um diese Zeit dort oben war hatte es knapp 40cm Schnee im Dorf.

Muss mir echt überlegen ob ich noch eine Woche in die Skiferien gehen soll muss das fast gesehen haben ;-)

Da noch die Wetterstation von Saas-Fee

http://www.saas-fee.ch/de/snowrep.cfm

Gruss Marco
Aus dem Schönen WINTERthur-Seen 480m.ü.M.
Seit 2017 im Frickital Zuhause ;-)

Benutzeravatar
Uwe/Eschlikon
Beiträge: 3064
Registriert: Mi 4. Jun 2003, 14:35
Wohnort: 8360 Eschlikon/TG
Danksagung erhalten: 334 Mal
Kontaktdaten:

Ursachenanalayse: Schneehöhe dreier Stationen

Beitrag von Uwe/Eschlikon »

Hallo nochmals

Da ich jetzt zu Hause bin, noch ein paar Zahlen zum Goms:

durchschnittliche Niederschlagsmenge 1931-1960:

Fiesch: 907mm
Binn: 984mm
Reckingen: 1044mm
Oberwald: 1461mm
Gletsch: 1690mm
Furkapass: 1960mm

Anzahl Tage mit mind. 1mm Niederschlag:

Fiesch: 97 Tage
Binn: 104 Tage
Reckingen :114 Tage
davon im Schnitt 48% Schneetage

Mittlere Jahrestemperatur in Reckingen:
4,0°C (Sommer 12.9°C, Winter -5.0°C)

Anz. Nebeltage in Reckingen: 14

Windverhältnisse:
Diese sind im Goms sehr kompliziert.
Es gibt im Oberen Goms 2 vorherrschende Winde: den sogenannten "unteren Wind" (aus SW) und den "oberen" Wind (aus NO). Letzterer weht oft heftig (am Nachmittag) und ist zB. in Oberwald sehr lästig. Er bringt oft gutes Wetter, im Winter aber auch Schneestürme (sog. Guxe). Der untere Wind bringt meist schlechtes Wetter.
Dann gibt es den "Grimseler", ein kalter Nordwind, der gutes Wetter bringt, wenn er den oberen Höhen entlangstreicht (mit oder ohne Nebel), aber schlechtes Wetter bringt, wenn er vom "Twärr" (als Westwind über den Berner Alpen) heruntergetrieben wird und Nebelschwaden bis nach Oberwald bringt. Das gibt Regen, Schnee und Frost (sogar im Sommer). Dieser Wind ist sehr unbeliebt.
Oft tritt dann die sogenannte "Grimselschlange" auf, eine Nebelschwade wie ein Schlange.
Als weiteres gibt es den "Furgger" (von der Furka her), ein Ostwind, der gutes Wetter bringt.
Der Föhn ist ebenso unterschiedlich, der bringt von SO oft viel Schnee und Regen, von S oder SW wenig bis keine Niederschläge.
Streicht der Föhn über die Gletscher am Griespass, ist der Wind eher kalt, sonst eher warm.
Im unteren Goms gibt es noch den "Heiter Wind" ein kalter Nordwind (Nordföhn) aus dem Oberaar- und Finsteraarhorngebiet. Er bringt oft Spätfröste, aber schönes Wetter. Dann gibt es auch den "Augsttalföhn" (von der Augstchumme südl. des Bettlihorns), der eine Verlängerung des Simplonföhns darstellt. Dieser bringt oft im Febr./März viel Schnee. Der Binnerföhn hingegen ist ein warmer Wind und hilft im Frühling bei der Schneeschmelze.

War halt ein wenig detailiert. Aber vielleicht ineressierts jemanden :-)
Die Angaben kommen von versch. lokalen Beobachtern, zusammen getragen von Ferdinand Kreuzer im Buch "Goms, Land an der jungen Rhone"

Gruss
Uwe

Antworten