Sven_Südl_Breisgau hat geschrieben:
P.s Sorry, Offtopic: Hat jemand eine Erklärung für diese chronische (orographische) Situation zwischen Basel und Freiburg die dafür sorgt dass allerhöchstens bei einem aufziehenden MCS mal ein bisschen mehr los ist (Gewitter stärkeren Ausmasses oder längerer Dauer)? Warum sind die Vogesen, die Pfalz, der nördliche Oberrhein und der Hochrhein (Schaffhausen/Bodensee) bei feuchtheißer Südwestverlagerung bevorzugt? Wo müssen Gewitter auslösen damit sie es ins Markgräfler Land schaffen, dort verweilen und sich verstärken?
Hi Sven,
m.E. eine recht subjektive Aussage, die ich definitv nicht bestätigen kann. Freiburger ist lt. DWD-Statistik die gewitteraktivste große Stadt Deutschlands. In guten Jahren habe ich hier schon bis zu 80 Gewitter gezählt, in der Regel zwischen 50 und 60. Die Superzellenquote ist außerordentlich hoch und im Vergleich zu vielen hügeligen und/oder bergigen Regionen im Umland sind die SZ häufig besonders schön strukturiert, da der Oberrhein ihnen genug "Flachland" zur Entfaltung gibt. Man muss aber auch ganz klar sagen, dass die letzte Saison ein riesen Flopp war, die jetzige jedoch gut im Trend liegt, warum auch immer nur selten fotogene Gewitter bringt. Völlig abgemeldet ist in diesem Jahr der Schwarzwald aufgrund der ausbleibenden wärmegewitterträchtigen Flachdrucklagen. Das habe ich so noch nicht erlebt. Und dann muss man zumindest zugeben, dass das völlig berechtigte gestrige Estofex Level 3 sehr hohe Erwartungen geweckt hat, die zumindest zwischen Basel und Karlsruhe nur strichweise erfüllt wurden. Bilder folgen noch.
Ein wichtiger Aspekt ist die Kombination aus Boden- und Höhenwindströmung. Darauf reagieren die Gewitter zwischen Offenburg und Basel sehr sensibel. Eine ausführliche Analyse wäre jetzt etwas müßig - wohl eher ein gutes Dissertationsthema. Generell kann man mal Folgendes über den Daumen gepeilt festhalten: Weht der Wind bodennah aus SW/S, dann hat die Region Basel/Hochrhein/Jura die besten Karten (Juraschiene liegt ideal in der Strömung). Löst es in den Hochvogesen aus, ziehen die Zellen naturgemäß über den Kaiserstuhl nach Emmendingen/Offbg. Eine zweite SW-Wind-Schiene gibt es bei Karlsruhe. Bei W/NW/N-Wind hat Freiburg die besten Karten, da durch Mini-Föhneffekte, Kanalisierung und Überströmen der Vogesenrücken etc. Zellen ausgelöst werden, die dann durch den Rheingraben rauschen. Dann gibt's meist bei Basel und am Hochrhein weniger (Abtrocknungseffekte). Und wenn es zu guterletzt noch die berüchtigten labilen O/NO-Lagen gibt, ist eigentlich der gesatem Reingraben inkl. Hochrhein ein Hotspot. Dann herrscht der gleiche Effekt wie bei W/NW/N-Wind an den Vogesen, nur umgekehrt.
Kommt natürlich darauf an, wo du wohnst. Wenn man den eigenen Ort für das Gewitterbeobachten nicht verlässt, wird man überall recht häufig enttäuscht. Dann wirkt es so, als ob alle anderen Gewitter haben, nur man selbst nicht. Bewegt man sich aber mal 10 bis 20 km, reicht das bei uns schon aus, um idR Erfolg zu haben. So hatten wir gestern letztendlich auch noch unsere eigene stürmische Hagelzelle in Freiburg um halb 12. Und diesen Luxus hat man nur an wenigen Orten, unter anderem eben im Rheingraben. Woanders musst du viel größere Strecken zurücklegen.
Und noch was. Es kommt im Rheingraben schon ab und zu mal vor, dass die auf dem Papier "sicheren" Unwetterlagen floppen. Löst es großflächig über Frankreich aus und clustert (oder auch nicht) wirken die Vogesen häufig wie ein Block, der die Strömungsverhältnisse der franz. Zellen empfindlich stört. Eher selten werden die Vogesen überwunden, ohne dass es zu überraschenden Neuentwicklungen kommt und die Karten völlig neu gemischt werden. Hin und wieder wird der Rheingraben dann "übersprungen", indem ein stürmischer Outflow der alten Zellen die gesamte Energie raubt, gleichzeitig am Schwarzwaldblock wieder neue Zellen triggert, die dann Ost-BaWü beglücken. Gestern gab es den Fall, jedoch auch so viel Dynamik, dass sofort neue Zellen im Rheingraben ausgelöst wurden.
Beste Grüße, Thies