Der Zeitpunkt für ein solches Posting ist wohl recht ungünstig, aber die Radaranimation verfällt in Kürze!
Samstag, 7. September
Die Wetterberichte verkündeten gegen Nachmittag/Abend besonders über den Voralpen Schauer, möglicherweise Gewitter. Die Quellwolken blieben lange Zeit harmlos, einzig über dem Jura konnte sich eine kräftige Gewitterzelle bilden. Über den Voralpen entwickelten sich eher kurzlebige Schauer.
Gegen 18.00 Uhr wuchsen die Quellwolken über unserem Haus plötzlich in die Höhe. Sah aber noch harmlos aus. Bereits 10 Minuten später befand sich eine grosse, dunkle Wolkenbasis über uns. Erstes Donnergrollen und einzelne Mega-Tropfen folgten: geschmolzene Hagelkörner. Die Tropfen wurden rasch zahlreicher und der Eisanteil nahm zu, doch schon kurze Zeit später wars trocken. Die Zelle bildete sich zwar direkt über uns, zog aber gegen NE, so dass nun über dem Gurten der Niederschlag weiter intensivierte.
Hier ein Bild von 18.20 Uhr: Blick Richtung NE zum Gurten (Höhe 858m, Entfernung ca. 2Km)

Während die Strasse vor dem Haus nur teilweise feucht ist, hat die Strasse auf dem Foto (ca. 100 Meter Entfernung) deutlich mehr abbekommen. Über dem Gurten hagelt es.
Obwohl ich auf dem ETH-Radar sah, dass dieser Hagelzelle ein weiteres Gewitter folgte, entschied ich mich zum chasen der Hagelzelle.
Die Radaranimation des ETH-Radars von 1800-1900 Uhr zeigt die Entwicklung der Hagelzellen:
Hier zwei Bilder von 18.40 Uhr: Standort Köniztal (beim Gurten, Entfernung 2 Km)
http://photoalbum.powershot.de/fotos/91 ... 5a911c.jpg
http://photoalbum.powershot.de/fotos/7/ ... a547e5.jpg
Die Bildqualität ist schlecht, aber man erkennt hoffentlich die Hagelkörner. Es sind zwar nicht allzuviel, aber sie erreichen immerhin einen Durchmesser von bis zu 1.5cm. Extrem ist der Niederschlagsgradient: Während bei unserem Haus nur wenige Tropfen fielen, sind beim Aufnahmestandort bereits kleine Bäche über die Strasse geflossen und haben Kies abgelagert. Nur 2000 Meter weiter, in Kehrsatz, war die Strasse wieder komplett trocken! Über das Aaretal konnte man die Hagelzelle gut überblicken.
Die Aufnahme entstand um 18.50 Uhr zwischen Kehrsatz und Belp (Flughafen Bern-Belpmoos):

Man erkennt gegen NE das Hagelgebiet. Mein Ziel war nun aber die dunkle Wolkenbasis im Osten. Hier erwartet ich in den nächsten Minuten einsetzender Hagel. Diese Erweiterung der Zelle im Süden (vom Gewitterzentrum betrachtet) erklärt den die Scherung nach rechts (auf dem Radar zu erkennen).
Zu diesem Zeitpunkt begann es Zuhause und bei der A-Netz-Station Bern-Liebefeld kräftig zu regnen, mit Hagel. Die zweite Zelle erreichte ihr Intensitätsmaximum. Offizieller 10.min Wert: 14.2 mm(!)
Ziemlich genau um 1900 Uhr erreichte ich die Hagelzelle. Die Aufnahme entstand kurz bevor der Hagel einsetzte.

Als praktisch erwies sich eine kleine Haltevorrichtung für die Kamera, so musste ich nur für kurz auf den Auslöseknopf drücken und konnte mich im übrigen auf den Strassenverkehr, der zu diesem Zeitpunkt noch mit ca. 40 km/h unterwegs war, konzentrieren.
Da ich das Gewitter "jagte" strömten kurz vor Worb überall braune Brühen auf die Strasse, obwohl der intensivste Regen vorbei war.
In Worb erreichte ich das Starkregengebiet. Überall Wasser, teilweise hervorgehobene Kanalisationsdeckel und 50cm hohe Fontänen. Die folgenden Aufnahmen entstanden zwischen 19.05-19.10 Uhr

Nach diesem Foto wurde es nochmals heftiger. Ich musste kurz anhalten, da es kaum mehr fahrbar war (max. 30 km/h) und der Hagel richtig intensiv wurde; wollte schliesslich keinen Schaden riskieren.
http://photoalbum.powershot.de/fotos/12 ... 0e8259.jpg
Die Radaranimation des ETH-Radars von 1900-2000 Uhr zeigt die Entwicklung der Hagelzellen:

Bis 19.30 Uhr gab es noch "extreme" Intensitätsstufen, danach schwächt sich die Zelle (ungefähr östlich der Moosegg) deutlich ab. Da ich mich eher am Südrand der Zelle aufhielt konnte ich das Extremniederschlagsfeld recht lange verfolgen.
Hier eine Aufnahme von 19.30 Uhr (bei Arni)
Noch immer Hagelschlag, aber die Körner werden kleiner und die Intensität ist merklich geringer als noch einige Minuten davor.
Auf der Rückfahrt gabs teilweise "Eisglätte", d.h. hagelbedeckte Strassen.
Eine unscharfe Aufnahme (Wald):
http://photoalbum.powershot.de/fotos/16 ... 8e22a5.jpg
Sonst konnte ich keine grösseren Schäden feststellen. Die Felder standen noch unter Wasser, Kies lag auf Strasse.
Bis 23.00 Uhr zogen weitere schwache bis mässige Gewitterzellen über die Region Bern. Die Messtation Bern-Liebefeld mass 35mm, eine private Messung in Rüfenacht 40mm.
Ein Foto der A-Netzstation in Bern-Liebefeld:
http://photoalbum.powershot.de/fotos/19 ... b43918.jpg
Die berechneten Niederschlagssummen zeigen ungefähr nur 2/3 der tatsächlich gefallenen Regen- und Hagelmengen. Ich vermute zweierlei Ursachen:
1. Aufgrund der grossen Entfernung zum ETH-Radar werden die Niederschlagssummen (zumindest bei Extremereignissen) für Bern unterschätzt. Häufig liegen noch weitere Zellen zwischen dem Radar und der Zelle in Bern.
2. Die extremsten Intensitäten sind auf der Rückseite, auf der radarabgewandten Seite, gefallen.
Noch ein letztes Kuriosum:
http://www.bwg.admin.ch/lhg/2500_7.PDF
Mit dem höchsten Wasserstand wurde auch die höchste Wassertemperatur gemessen. Dies überrascht mich da beim Hagelschauer die Wasser-Eis-Klumpen praktisch 0°C aufweisen. Zudem stieg die Lufttemperatur nie über 22 Grad. Kann der Boden das kalte Regenwasser auf 19 Grad erwärmen?
Grüsse aus Bern, Carlo