Werbung

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
Kleibi
Beiträge: 117
Registriert: Sa 2. Jul 2005, 21:44
Wohnort: 4106 Therwil
Danksagung erhalten: 1 Mal
Kontaktdaten:

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von Kleibi »

@ federwolke

Bist du sicher, dass Aufwind Sauerstoff nach oben verfrachtet? Soweit ich informiert bin, ist der ja extrem langlebige Sauerstoff in den untersten 100 km der Atmosphäre (der sog. Homosphäre) perfekt durchmischt. Sein Partialdruck resp. der Gehalt an Sauerstoff hängt dann doch nur vom Gesamtdruck ab. Oder irre ich mich da?

Benutzeravatar
Federwolke
Moderator
Beiträge: 9356
Registriert: Mo 20. Aug 2001, 23:47
Geschlecht: weiblich
Wohnort: 3074 Muri bei Bern
Hat sich bedankt: 1862 Mal
Danksagung erhalten: 9054 Mal
Kontaktdaten:

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von Federwolke »

Hoi Kleibi

Wahrscheinlich irrst du dich nicht, als Nicht-Physikerin bzw. Chemikerin kenne ich mich da nicht so genau aus. Vielleicht war es etwas unglücklich laienhaft formuliert, aber wenn im oberen Bereich der Gewitterwolke als Folge des Aufwinds relativ höherer Druck herrscht, passt es sowieso.


Benutzeravatar
knight
Moderator
Beiträge: 1366
Registriert: Fr 29. Jul 2005, 21:58
Geschlecht: männlich
Wohnort: 1786 Sugiez
Hat sich bedankt: 984 Mal
Danksagung erhalten: 473 Mal
Kontaktdaten:

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von knight »

Hallo Fabienne

ich glaube, dass du mit deiner These mit dem raufgezogenem Sauerstoff absolut recht hast. Die Gaszustandsgleichung
p*V = n*R*T (wobei p: Druck, V: Volumen, n: Stoffmenge, R: Gaskonstante, T: Temperatur ist) gilt zu jedem Zeitpunkt. Bei normalen Verhältnissen, ausserhalb der Gewitterzelle, wäre sofort ersichtlich, dass die Frau Wisnierska zu wenig Sauerstoff gehabt hätte.

Ich habe mir das untenstehende Bild einer Superzelle einmal länger betrachtet.

Bild

Beim Gleichgewichtsniveau ausserhalb des Kerns herrschen mehr oder weniger normale Zustände. Ein längeres Überleben dort stelle ich mir als unmöglich vor. Ich denke, dass die Paragleiterin irgendwo im Kern des Gewitters geschwebt hat und zwar in einem Gleichgewicht von Aufwind und Schwerkraft. Wenn man sich das konvektive Überschiessen betrachtet, herrscht dort ein grösserer Druck als in der Umgebung. Die Höhe des konvektiven Überschiessens kann bis zu 1/5 der eigentlichen Superzelle ausmachen. Ich erlaube mir eine Handgelenk-mal-PI-Rechnung. Nehmen wir an, dass die Superzelle ein Höhe von 10 000 m hatte, somit kämen wir mit dem konvektiven Überschiessen auf eine Gesamthöhe von 12 000 m. Von den atmosphärischen Verhältnissen her schwebte bei meinem Beispiel die Paragleiterin 2000 m tiefer als sie es tatsächlich tat. In der Presse war zu entnehmen, dass sie auf 9000 m schwebte. 9000 m - 2000 m = 7000 m. So scheint ein Überleben nicht unwahrscheinlich. Ich könnte mir vorstellen, dass Frau Wisnierska aus dem Kern der Gewitterzelle geschleudert wurde, so dass der Höhenmesser zu diesem Zeitpunkt den Druck ausserhalb der Zelle mass und somit auf die tatsächliche Höhe über Meer bestimmen konnte.

Eine wirklich spannende Geschichte. Gibt es eigentlich keine Aufzeichungen von Sonden in Gewitterzellen - würde mich sehr verwundern.

Liebe Grüsse
Dominic

- Editiert von knight am 18.02.2007, 16:39 -
Sugiez - Mont Vully - Seeland

Kleibi
Beiträge: 117
Registriert: Sa 2. Jul 2005, 21:44
Wohnort: 4106 Therwil
Danksagung erhalten: 1 Mal
Kontaktdaten:

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von Kleibi »

@ knight

1. deine erste Post kannst du einfach löschen, in dem du den "editieren" Knopf oberhalb deiner Message drückst und dann "löschen" wählst

2. ich glaube, dass man das mit dem Überschiessen nicht so rechnen darf. Denn das Überschiessen kommt ja sicher auch wegen der Trägheit beim "Abbremsen" zustande und nicht weil "mehr Luft da ist". Sonst müssten wir unter einem Gewitter immer einen massiven höheren Druck messen. Ich bin physikalisch auf eher wackligen Beinen, aber ich denke, man muss sicher auch noch folgendes beachten: Der Druck besteht aus einem statischen und einem dynamischen Anteil, unter einem Gewitter messen wir am Boden aber nur den statischen Druck, den dynamischen können wir ja nur in der Wolke selber (mit einem anderen Gerät als den konventionellen Druckmessern) feststellen. Selbst wenn Gesamtdruck in der Gewitterwolke höher ist als in gleicher Höhe neben dem Updraft, so spürt die Paragliderin "spürt" doch nur den statischen Druck, ausser sie hält den Mund so, dass der Wind direkt hineindrücken kann.

Ich wäre gespannt, wenn da ein Phyiker genaueres dazu schreiben könnte (traut keinem Chemiker in solchen Sachen!)

Benutzeravatar
knight
Moderator
Beiträge: 1366
Registriert: Fr 29. Jul 2005, 21:58
Geschlecht: männlich
Wohnort: 1786 Sugiez
Hat sich bedankt: 984 Mal
Danksagung erhalten: 473 Mal
Kontaktdaten:

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von knight »

Danke Kleibi!

Ich werde einmal meine Pysikbücher im Estrich suchen - habe immer schon vermutet, dass mein Fensterplatz während der Vorlesung nicht nur Vorteile haben wird...
Sugiez - Mont Vully - Seeland

Benutzeravatar
c2j2
Beiträge: 923
Registriert: So 8. Jun 2003, 21:40
Geschlecht: männlich
Wohnort: Allensbach
Hat sich bedankt: 85 Mal
Danksagung erhalten: 36 Mal
Kontaktdaten:

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von c2j2 »

Also wenn der Druck im Innern höher wäre als im Außenbereich, dann würde der Auftrieb rasch abnehmen, oder?

Also muß der Druck entweder geringer, oder gleich sein.

Andererseits drückt die aufsteigende Luft die vorhandene (teilweise) zur Seite -> höherer Druck.

Egal was man dazu denkt, es gibt pro und contra. Keine Ahnung ;-(

Wo sie allemal Glück gehabt hat: es war sicher wärmer im Gewitter als außerhalb: sie befand sich in der aufsteigenden Warmluft. Die expandiert zwar, ist aber immer noch wärmer als die Gleichgewichts-Luftschicht außenrum.
Wieso Hagelraketen und andere Unwetter-Schadensverminderer... man kann auch mich buchen. Wo ich bin, sind keine Unwetter :roll:

harrie
Beiträge: 248
Registriert: Di 15. Feb 2005, 14:39
Wohnort: Zürich

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von harrie »

Hoi zäme

Denke auch das wegen den warmen core des Gewitterzells oben in der Zelle der Druck relativ höher ist
(höher als in der kältere Umgebung). Die Druckabnahme mit der Höhe ist ja temperaturabhängig.
Dass das Geopotential aber 2000m höher liegen würde? Das ist schon sehr viel! Schwierig ist dass die
Strömung nicht hydrostatisch ist in solchen Updrafts (kleinräumige Skala). Man kann auch nicht
wirklich sagen das Sauerstoff von oben nach unten transportiert wird; ich denke dass man von einer
guten Mischung ausgehen kann und dass der lokalen Luftdruck auch ausschlaggebend ist für das Sauer-
stoffgehalt.

Die Höhenmesser sind normalerweise kalibriert für die US Standardatmospäre und messen nicht direkt die Höhe,
aber den Druck. Das heisst, sie hatte so wenig Sauerstoff wie auf 9400 m, berechnet mit ein lapse rate
(dT/dz) die durchschnittlich ist für das ganze Jahr, und die mittlere Breiten. Mit dieser Messung ist es
dann unwichtig auf welche Höhe sie wirklich gekommen ist: falls die Atmosphäre von Boden bis auf die
Höhe wo die Frau maximal gekommen ist, überdurchschnittlich warm war, war sie noch höher als 9400 m.
Falls die Luft, integriert von Boden bis maximalhöhe kälter als normal war, war die Maximalhöhe kleiner
als 9400 m. Falls den Höhenmesser stimmt war sie mindenstens kurz auf einer Höhe, wo es so wenig
Sauerstoff gab, als "normalerweise" auf 9400 m.

Gruss

Harrie-Jan


Benutzeravatar
Klipsi
Beiträge: 1156
Registriert: Do 16. Aug 2001, 13:08
Geschlecht: männlich
Wohnort: Sion
Danksagung erhalten: 4 Mal
Kontaktdaten:

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von Klipsi »

ich war schon in Tamworth, Australien. Dort hat es gute Gewitter. Es ist dort das australische Tornado Alley.

auch gute country music hat es in Tamworth, jaehrlich ein Festival a la Nashville.

Und gute Hotels. Und guten Wein...
Klipsi http://www.klipsi.com
-------------------------------------------
( no cirrus found )

Longhair

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von Longhair »

Zu der Superzelle:
Also der Overshoting Top hat nicht nur mit dem "Schwung" der Luft zu tun. Denn von unten drückt der Aufwindsturm und es ist klar dass im Overshoot die Luft das Bestreben hat wieder abzusinken, GEGEN den von unten nachdrängenden Aufwind. Denn wir wissen: Der Aufwind eines Gewitters resultiert aus der Kondensationswärme und ist ein aktiver Aufwind!
Während unter dem Aufwind am Boden der Druck sinkt, muss er zumindest im Bereich des Overshoots deutlich erhöht sein. Denn dieser bildet sich ja definitiv gegen einen Widerstand von oben, da die Wolkenluft über der Tropopause jetzt kälter als die Umgebung wird und zurücksinken will! Die Wolke breitet sich in diesem Bereich im Gleichgewichtslevel nach den Seiten aus, also Überdruck! Zugleich ist es selbstverständlich im Aufwindbereich wärmer als in der umgebenden Atmosphäre, da das Aufsteigen, aber auch Absinken feuchtadiabatisch abläuft.

Wenn es denn eine Superzelle war in Australien, und keine Multi- oder relative Einzelzelle.

Benutzeravatar
Federwolke
Moderator
Beiträge: 9356
Registriert: Mo 20. Aug 2001, 23:47
Geschlecht: weiblich
Wohnort: 3074 Muri bei Bern
Hat sich bedankt: 1862 Mal
Danksagung erhalten: 9054 Mal
Kontaktdaten:

Paragliderin gerät in den Updraft eines starken Gewitters und überlebt

Beitrag von Federwolke »

Wenn es denn eine Superzelle war in Australien, und keine Multi- oder relative Einzelzelle.
Dass es eine Superzelle war, davon kann man anhand der Berichte ausgehen. Aber selbst wenn es keine war: Die Verhältnisse sind in jedem Gewitterturm gleich, egal ober Super-, Einzel- oder irgendwie geartete Multizelle: Unten Tiefdruck, in der Mitte starker Aufwind, daraus resultierend oben Überdruck, Vereisung, Ausbreiten am EL zur Seite, Ambossbildung. Die Unterschiede bestehen in Details, die einer Paragliderin im Aufwindschlauch so ziemlich Wurscht sein dürften - bis auf das eine: Nämlich dass die Aufwinde von Superzellen im Verhältnis zu anderen Gewittertypen deutlich langlebiger sind.

Der Hinweis von Harrie-Jan hingegen ist nicht zu missachten: Die angenommene maximale Höhe wurde vom Höhenmesser angegeben, und der ist natürlich auf Standardatmosphäre geeicht (*stirnklatsch*, darauf hätte ich auch kommen können), also erübrigen sich alle Diskussionen. Man kann davon ausgehen, dass sie aufgrund der Kenntnisse, die wir über das Innenleben von Gewitterzellen haben, tatsächlich höher als vom Messgerät angezeigt gezogen wurde.

Antworten