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Re: Gewitterlage 12.05.2009 - Nowcast

Verfasst: Mi 13. Mai 2009, 13:51
von Stoeps (D-BS)
Hallo,

gestern hat noch ein Blitz einen Dachstuhlbrand ausgelöst in Murg (Deutschland)

http://www.badische-zeitung.de/murg/bli ... ausgeloest

http://www.suedkurier.de/region/hochrhe ... 14,3767406

Grüße
Stöps

Re: Gewitterlage 12.05.2009 - Nowcast

Verfasst: Mi 13. Mai 2009, 15:18
von Badnerland
Sali,

wie Thies gestern Abend bereits berichtete, hatten wir schon wieder ein recht eindrückliches und von der Stimmung her etwas spezielles Chasing erlebt. :unschuldig:

Wir trafen uns gegen 19 Uhr nicht weit südlich von Freiburg. Am Ostrand der Vogesen zog ein Leftmover in Richtung Norden, während von Westen her sich ein Rightmover den Vogesen näherte (Bernhard erwähnte die sich androhende Kollision...).
19 Uhr Blick Richtung Westen auf den Leftmover:
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Da wir keinen wirklich guten Blick auf diese Zelle hatten und auch der Rightmover weiter nördlich durchziehen sollte, wollten wir uns nach Norden verlagern. Inzwischen kam an unserer Position ein strammer Wind aus nordöstlicher Richtung auf, der uns aufgrund seiner Stärke doch etwas skeptisch stimmte. Noch ein Blick auf den Rightmover gegen 19.15 Uhr und los ging es:
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An der Autobahnausfahrt Freiburg Nord machten wir nochmal einen kleinen Zwischenstopp. Noch sah der Rightmover recht vielversprechend aus, 19:37 Uhr:
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19.43 Uhr, während es über dem Schwarzwald einen "Triple-Pileus" zu bewundern gab...
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...schienen sich der Left- und der Rightmover gegenseitig kaputt zu machen. Jedenfalls waren von unserer Position aus keinerlei Konturen mehr auszumachen. Im Gegenteil, bei weiterhin strammem Bodenwind bildeten sich bodennah richtige Nebelschwaden und auch die Luft fühlte sich nicht so an, als wenn noch mit kräftigen Gewittern zu rechnen wäre :fluchen: 19:55 Uhr:
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Nichts desto trotz machten wir uns noch zwei, drei Autobahnausfahrten weiter auf den Weg in Richtung Norden, da musste doch noch irgendwo etwas sein. Auf dem Weg fuhren wir unter Nebelschwaden durch, Strukturen suchten wir am Himmel vergeblich. Die Zweifel wurden grösser, es machte eigentlich überhaupt keinen Anschein, dass wir noch ein Gewitter bekommen würden. Aber so schnell konnte sich doch nicht alles aufgelöst haben, oder?
Sehr speziell war auch die Stimmung, als wir dann an einer Ausfahrt nochmals halt machten. Graue Suppe über uns und Nebelschwaden in Richtung Frankreich, die auch als Böenfront oder ähnliches hätten durchgehen können. Allerdings fing es nun auch an -noch recht unregelmässig- zu blitzen. Hoffnung kam auf... ;) 20.23 Uhr:
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Die Blitze nahmen zu, zumindest war das unser subjektiver Eindruck. Ehrlich gesagt konnten wir mit der Situation herzlich wenig anfangen. Die Luft/Stimmung roch nicht wirklich nach Gewittern, doch irgendetwas schien hinter diesen Nebelschwaden zu lauern...wir entschieden uns nochmal eine Ausfahrt zurück in Richtung Süden zu fahren. Und tatsächlich, wir konnten Strukturen ausmachen und auch die Blitzfrequenz nahm stetig zu. Wir wussten zwar nach wie vor nicht so genau was wir da eigentlich sahen (Böenfront, Basis, überdimensionale Wallcloud??), aber es kam eindeutig etwas auf uns zu. War es immernoch der Rightmover, den wir fast zwei Stunden zuvor ausgemacht hatten? 20.40 Uhr:
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Da nun alles recht schnell ging, verzichtete ich trotz der düsteren Verhältnisse auf das Stativ und machte die Fotos freihändig. Ein Fehler, wie ich aber erst zu Hause am PC merkte. Auf dem kleinen Display der Kamera sahen sie noch gut aus, ein Grossteil der Bilder ist aber leicht verwackelt :neinei: (@Thies: ich hoffe du hattest ein ruhigeres Händchen... :lol: ).
Mittlerweile hatten wir das Gefühl, es doch noch mit etwas Grösserem zu tun zu haben. 20.45 Uhr:
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Es war wohl tatsächlich noch der Rightmover aus den Vogesen. Die Stimmung wurde langsam aber sicher auch bedrohlich. Mehr oder weniger direkt über uns Wolkenblitze, südlich urplötzlich dichte Fallstreifen und vermutlich die Basis/Meso. 20:46 Uhr:
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Dazu kamen jetzt auch noch Sturmböen und wir verlagerten uns mit dem Auto auf ein freies Feld. 20:48 Uhr:
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Die Meso zog über uns hinweg und wir machten einen unfreiwilligen Corepunch, Starkregen und auch etwas Hagel prasselten kurz nach diesem Bild auf uns ein:
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Doch wir hatten noch Glück, kurz hinter uns herrschten nahezu Whiteout Konditionen. Unter Umständen gab es einen (wet) downburst oder ähnliches...ein krasser Gegensatz zu der Nebelsuppe rund 1 Stunde zuvor :shock: 20:51 Uhr:
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Die Zelle zog in Richtung Schwarzwald ab, noch ein Bild der Rückseite. 21:05 Uhr:
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Hier noch der Satloop, anfangs sieht man noch den West-Ost orientierten Schirm des Leftmovers, der sich aber glücklicherweise auflöste bevor er dem Rightmover in die Quere kam.
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Quelle: http://www.sat24.com/

Ein Chasing der etwas anderen Art, das zeigt das man immer mit allem rechnen kann... :up:

Gruss Benni

Re: Gewitterlage 12.05.2009 - Nowcast

Verfasst: Mi 13. Mai 2009, 15:33
von Tinu (Männedorf)
@Benni

Schöner und vor allem spannender Chasing-Bericht. Merci! Ihr werdet momentan ja wirklich verwöhnt mit Gewittern.

Re: Gewitterlage 12.05.2009 - Nowcast

Verfasst: Mi 20. Mai 2009, 00:42
von Thies (Wiesental)
Hallo zusammen,

auch zu diesem Tag möchte ich noch ein paar Aufnahmen nachreichen. Erneut war ich mit Benni (Badnerland) unterwegs. Wir erlebten ein recht ungewöhnliches, spektakuläres Chasing, indem wir zum einen im Bereich stabilisierter Grundschichtluftmassen mit tiefem Hochnebel zu kämpfen hatten und andererseits mit einem Right MOver entschädigt wurden, der bereits seit Stunden über Frankreich aktiv war und schließlich bei Emmendingen den Rheingraben überquerte.

Doch der Reihe nach. Während die soeben angesprochene Zelle bereits westlich der Vogesen aktiv war, entwickelte sich ein kräftiges Gewitter im Rheingraben. Die Zelle scherte jedoch stark nach links aus (Left Mover) und rechtfertigt damit den Verdacht, eine Superzelle gewesen zu sein. Südlich von Freiburg (Schallstadt) konnten wir folgendes Bild der am Vogesenostrand nach Norden ziehenden Zelle aufnehmen:

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Etwas skeptisch betrachteten wir das Schauspiel, schien der Left MOver doch auf einer Höhe westlich des Kaiserstuhls am Vogesenostrand mit dem Right Mover aus Frankreich kollidieren zu müssen. Sollten dadurch beide Gewitter zusammenfallen? Oder sollte eine Zelle dominieren? Das folgende Bild ist die letzte Aufnahme, die einen Cb zeigt (der Right Mover) ehe der dichte Nebel aufzog:

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Für eine knappe halbe Stunde waren wir nun mit der Situation überfordert. Wr hatten keinen Radarzugriff, der Himmel war dicht und neblig, starker Nordwind wehte und es war kalt. Denkbar ungünstige Bedingungen also - wie sollte da noch etwas "gehen"? Wir trafen einfach mal die Entscheidung, wenigstens Reste der starken Frankreichzelle abzufangen und fuhren etwas nach Norden. Das war eine sehr weise Entscheidung ;-):

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Zwischen Emmendingen und Riegel lockerte sich der Hochnebel auf und Strukturen einer sehr großen dunklen Wolkenlinie wurden sichtbar. Langsam nahm der Donner zu. Offensichtlich hatten wir unsere vermisste Zelle wiedergefunden. Sollte sich der erste Eindruck bestätigen, sollte uns demnächst ein sehr großer Brummer überrollen.

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Die Basis war extrem tief. Eine Art Böenfront zeigte sich. Die Blitzfrequenz nahm zu. Wir beschlossen wenige Takte nach dieser Aufnahme etwas nach Süden zu fahren, um den Südrand des Gewitters zu sehen. Dort angekommen präsentierte sich das folgende, dynamische und beeindruckende Bild:

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Die laut Radar und aufgrund der optischen Ausmaße als Superzelle verdächtigte Zelle war kurz davor uns zu überqueren (von links nach rechts). Der Wind war (noch) ruhig. Doch die schlechte Sicht verdeckte etwas, was uns in Kürze um die Ohren fliegen sollte.

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Trügerisch war die Ruhe - es donnerste zwar sehr regelmäßig und nah, doch einen richtigen Core konnten wir nicht sehen. Da war nur die abartig dynamische Wolkenwurst bzw. Böenfront.

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Außerdem bestätigste sich nun, dass noch etwas im Busche war. Die Sicht wurde besser und damit konnten wir erst jetzt sehen, was sich schnurstracks auf uns zu bewegte:

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Ein massiver Core zog auf und zeigte Anzeichen eines starkekn Downbursts:

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Die Szene war bedrohlich und optisch einfach der absolute Hingucker. Schwierig waren leider die Lichtverhältnisse. Und da war zyklonale Rotation im Spiel. Die Basis begann nun sichtbar an der Basis zyklonal zu rotieren, wobei "begann" wohl das falsche Wort ist. Wir realisierten dies einfach erst jetzt. Die BIldmitte bildete das Zentrum der Rotation. Ergo sollte auch dieser Fall geklärt sein: Superzelle bestätigt. Wäre nett hier noch eine Dopplerradar-Bestätigung zu bekommen.

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Der Wind legte nun richtig zu und erreichte Sturmstärke. Kurz bevor uns der Hagelvorhang erreichte, nahm ich das folgende BIld auf. Dabei habe ich erst im nachhinein die Struktur im Bildzentrum entdeckt. Ich kann nichts weiter dazu schreiben, als dass es hier einen Funnelverdacht geben könnte. Ich täusche mich aber auch gerne. Auf jeden Fall befand sich diese Struktur im Rotationsbereich der Basis. Unser Fokus lag nun jedoch eher beim zu erwartenden Hagel, sorry daher für die ungenaue Beobachtung.

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Erste Hagelkörner und starker Regen zogen auf:

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Einige Körner waren sehr laut, so dass Durchmesse von 2 bis 3 cm realisitisch waren. Die Sicht war vorübergehend sehr schlecht:

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Diese besserte sich jedoch rasch, als das Gewitter abzog und mit einer hohen Blitzfrequenz in den Schwarzwald zog ohne vom Radar her an Stärke und Intensität zu verlieren.

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Dieser Mai mauserte sich langsam wirklich ;-)

Beste Grüße, Thies