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EWK, ExtremWetterKongress 04.-06.03.2010

Grundlagen und Expertenwissen.
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Cyrill
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EWK, ExtremWetterKongress 04.-06.03.2010

Beitrag von Cyrill »

Zum Thema ExtremWetterKongress in Bremerhaven werden in diesem Thread einige Informationen und Berichte folgen, die in verschiedenen Etappen ergänzt werden. Z.Z. bin ich noch im hohen Norden Deutschlands und werde mal mit einer Einleitung beginnen.

Hallo zusammen

Vom 04.-06. März 2010 fand in Bremerhaven, im Klimahaus 8° Ost der ExtremWetterKongress statt – und ich stehe im Moment immer noch unter dem überwältigenden Eindruck der immensen Fülle von Informationen, den interessanten Begegnungen und Gesprächen und der verbreiteten Stimmung unter den Teilnehmenden, welche an Aktualität und entsprechender Spannung kaum noch zu überbieten war.
Über 70 Referate bezüglich neuester Forschungen in der Meteorologie wurden geboten; und dies gerade mal innerhalb von 3 Tagen. Nur einige hielten diesen Marathon durch. Wie ich beobachten konnte, war ich nicht der Einzige, der mal in einer „Atempause“ auf das Programm blickte, um ein wenig die Beiträge zu selektionieren und für sich selbst die rein persönlichen Rosinen herauszupicken. Doch bei jedem Vortrag waren die Ränge im Saal brechend voll; also für jeden Teilnehmer war etwas dabei.
An dieser Stelle möchte ich Hr. Böttcher und den zahlreichen Helfern für die reibungslose und perfekte Organisation ein grosses Lob aussprechen und allen Referenten für die beeindruckenden Beiträge danken.

Wie oben bereits angesprochen, habe ich nicht alle Vorträge besucht. Meine Präferenzen lagen als Sturmjäger natürlich im Bereich Gewitter, Blitze, Stürme und Tornados, wobei das Orkantief Xynthia als aktuelles Thema ebenfalls dazu gehörte. Die beiden Top-Highlights waren der Vortrag von Tim Samaras, sowie die interessante Unterhaltung mit ihm und seiner Frau und natürlich die Vergabe des Medienpreises für Meteorologie 2010 an Andreas (Winterthur) für seine spektakulären Blitzaufnahmen, welche er in Sardinien fotografierte. Die interessanten Gespräche mit Maxi Biewer und Bernold Feuerstein setzten quasi dem Ganzen noch die Krone auf. Es war rundum ein gelungenes Event.

Die Schweiz war unter den Referenten auch sehr gut vertreten:
Prof. Dr. Stefan Brönnimann, Walter R. Stahel, Thomas Stucki, Thomas Jordi, Prof. Dr. Hans Richner, Dr. Felix Blumer, Prof. Christian Hauck.

In Bremerhaven war der Kongress ein Tagesthema und die Medienpräsenz sehr hoch, insbesondere deshalb, weil der Winter 2009/2010 in dieser Region ungewöhnlich viel Schnee brachte und er seit rd. 15 Jahren einer der kältesten war. Für gewöhnlich fallen im Küstenbereich die Temperaturen eher milder aus, als weiter südlich im Landesinnern, was auf den Einfluss von der Nordsee zurückzuführen ist. Zudem steuerte ein Tiefdruckgebiet aus NNW am Freitag aus Skandinavien kommend auf Norddeutschland zu. Während am Donnerstag und Freitag Bremerhaven noch im Randbereich eines westlich liegenden, flachen Hochs war und für einen weitgehend wolkenlosen, blauen Himmel sorgte, wälzte sich das Tief am Freitag ab 15z heran und sorgte für einen eindrucksvollen, krassen Wetterwechsel. Bereits um ca. 18z herrschten beinahe blizzardähnliche Verhältnisse mit viel Schnee und starken Windböen und der Aufenthalt ausserhalb von Gebäuden wurde sehr ungemütlich.

Zu Beginn meines Berichts zu den einzelnen Themen möchte ich eine kleine Anekdote anführen, die von einem signifikanten Gespräch zwischen mir und einem Taxifahrer handelt, der mich am Morgen vom Hotel ins Kongresszentrum fuhr:
Taxifahrer (TF) in seiner typisch norddeutschen Art: „Soo, könnd ehr jet dat Wetter selber machen?“ Ich lachend: „Schön wär’s; so Karibikwetter in Bremerhaven auf Bestellung, was....?“ TF: „Jooh, aber die Schinesen machen doch dat schon, odääh?“ Ich: „Nee. So einfach ist das nicht und das ist auch gut so. Könnte ich dies, wäre ich der meistgesuchte Mensch auf der Welt...“ TF (lacht): „Ahh, Sie meinen so ne Art ‚Wetterterrorist’ oder so ähnlisch?“ Ich: „Die Extremwetterereignisse haben dem Menschen vor Augen zu führen, welchen Respekt er der Natur entgegenbringen sollte und er soll sich die Demut vor den unzähmbaren Kräften unserer Schöpfung immer wieder in Erinnerung rufen und bewahren dürfen. Das ist gut so. Unsere Aufgabe besteht darin, Methoden zu entwickeln, um früh genug zu warnen und soweit möglich Schäden minimieren zu helfen.“ TF: „Jooh, det is jut so!“

Genau diese Stimmung war am Kongress spürbar, ob man nun fasziniert und gebannt Tim’s Highspeed-Aufnahmen von CG’s zuschaute oder sich die physikalischen Hebungskräfte nach Bernoulli bei der Überströmung von Gegenständen vorzustellen traute. Das extreme Wetter ist nicht zu bändigen; wir können nur versuchen es besser zu verstehen, um ihm zu begegnen – und genau deshalb ist es so enorm wichtig, dass Fachleute und Experten ihre neusten Forschungsergebnisse an einem Kongress wie diesen untereinander austauschen und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Natürlich kenne ich Tim Samaras aus unzähligen TV-Dokumentationen und jedem ernsthaften Chaser ist er ein Begriff. Seine spektakulären Nahaufnahmen eines Tornados, welchem er kegelförmige Messgeräte in den Weg legte und in allerletzter Minute dem wütenden Wolkentrichter entkommen konnte, habe ich x-mal gesehen -; doch am Kongress auf Grossleinwand und mit einer immensen Soundkulisse, war es schon ein ganz spezielles Erlebnis, insbesondere mit seinen äusserst ironisch-humorvollen, spontan eingestreuten Kommentaren. Beim Näherkommen des Twisters im Film, liess alleine schon die Akustik aus der Surroundanlage erahnen, dass es sich hier um etwas absolut Zerstörerisches handelt. Es klang so ähnlich wie das Rauschen einer Megawelle und zehn gleichzeitig vorbeifahrende Güterzüge. Der „Touch-to-ground“- und Trümmerteilebereich des Rüssels war schon Vollformat im Video sichtbar, als Tim immer noch einige Messgeräte aussetzte..... Sein trockener Kommentar: „Now the tornado is chasing us.” Der Tornado war nur noch 90 Sekunden hinter ihnen, ein Assistent geriet in einen panikartigen Zustand, als Gebäude in ihre Bestandteile zerlegt wurden und schrie: „Wir müssen abhauen!“ Doch Tim behielt die Nerven und setzte noch ein Messgerät aus, quasi in letzter Sekunde. Sein lakonischer Kommentar am Kongress zu dieser Szene: „Everybody tells me to hurry!?“ (dt. „Alle haben gesagt, ich soll mich beeilen!“). Schallendes Gelächter im Saal. Sie fuhren an eine Kreuzung, bogen nach Osten ab, hielten kurz an, um in wenigen hundert Metern Abstand die Zerstörung einer ganzen Farm zu filmen. Tim’s lakonischer Kommentar: „Ohh, we don’t stay long – we left.” (dt. “Oh, wir sind nicht sehr lange geblieben – wir sind dann gegangen.“). Schallendes Gelächter im Saal.

Fortsetzung folgt.....

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Cyrill
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Re: EWK, ExtremWetterKongress 04.-06.03.2010

Beitrag von Cyrill »

Tim Samaras hatte eine kleine Überraschung im Gepäck: Highspeed-Videoaufnahmen von einigen negativen und einem positiven Blitz, mit frame-rates von 10'000 bzw. 15'000 Bildern in der Sekunde. Man sieht deutlich diese „step-leaders“, die sog. Fangladungen, die scheinbar ziellos sich verzweigen und vorarbeiten und sich plötzlich im Nichts auflösen, nachdem sich eine einzige durchgesetzt hat und die eigentliche Blitzentladung im Hauptkanal erfolgt. Darin liegt noch soviel Forschungspotenzial – und wir müssen doch fast ehrfürchtig uns eingestehen, dass wir über Blitze im Grunde ziemlich wenig wissen.

Umso imposanter sind Blitzvideos und Blitzfotos, vor allem wenn sie so hochkarätig sind, wie jene von Andreas Hostettler – „unserem“ Andreas (Winterthur). Bange zwei Wochen wartete er in den Ferien auf Sardinien im Herbst vor zwei Jahren auf die Gelegenheit schöne Blitzfotos zu machen, bis in der Nacht vor seiner Rückreise ein Gewitter sich über dem Meer entlud. Als im Morgengrauen in einer isolierten Zelle ein weitverzweigter CG ins Meer einschlug, ahnte Andreas vermutlich kaum, dass dieser eine Blitz zwei Jahre später die Titelseite eines Fachmagazins zieren würde und am EWK tausendfach auf Plakaten und Broschüren erscheint. Seine bereits an einem Forumtreffen gezeigte Tonbildschau wurde bei der Preisverleihung des Medienpreises für Meteorologie 2010 noch einmal gezeigt und die Jury hat zu recht ihm den ersten Preis verliehen. Bravo Andi!

Gruss Cyrill
PS: Bildupload geht z.Z. nicht. Werde es in der Schweiz nachholen.


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Andreas -Winterthur-
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Re: EWK, ExtremWetterKongress 04.-06.03.2010

Beitrag von Andreas -Winterthur- »

Danke lieber Cyrill für deine "Laudatio" und für deinen stimmungsvollen Beitrag. Auch ich stehe noch ganz im Bann dieses EWK und Erlebnis; und gerade dank deiner offenen und direkten Art ergaben sich auch für mich wirklich interessante Kontakte. Mehr dazu dann später. Jetzt muss ich mich erstmal von der 17 Std. Zugreise (ihr habt richtig gelesen) erholen
ot: DB sei Dank habe ich nämlich meinen Rückflug aus Hamburg verpasst. Der ICE in die Schweiz kam dann ebenfalls 2 Std. verspätet an; das inkl. Zugwechsel mitten in der Nacht irgendwo in der Pampa. Alle von mir während der An- und Abreise benutzten Bahnteilstrecken hatten 15' bis 2 Std. Verspätung. So etwas habe ich noch nie erlebt. Die DB ist offensichtlich in einem absolut desolaten Zustand.
Gruß Andreas
Zuletzt geändert von Anonymous am So 7. Mär 2010, 23:16, insgesamt 1-mal geändert.
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mike (reinach BL)
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Re: EWK, ExtremWetterKongress 04.-06.03.2010

Beitrag von mike (reinach BL) »

@Cyrill
Danke für den spannenden Bericht und die weiteren Folgen.
Sehen die Blitzaufnahmen von Tim Samaras denen von Steve Goodman ähnlich?
https://www.sturmforum.ch/viewtopic.php ... tz#p115131

@Andreas
Nochmals Gratulation zur Würdigung deiner Blitzaufnahmen. Dieses Jahr wirds wieder besser sein, als im 2009 ;) Mike

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Cyrill
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Re: EWK, ExtremWetterKongress 04.-06.03.2010

Beitrag von Cyrill »

Hoi zäme
Seit gestern Abend bin ich auch wieder in der Schweiz. Einzelne Berichte folgen....

@ Andreas (Winterthur)
Hoi Andi. Vielen Dank. Bin gespannt auf Deine Impressionen :)
17 Stunden Zugfahrt ist ja heftig :shock: Bei mir ging's heute noch. 20 Min. Verspätung in Bremen, Gatewechsel in Hamburg, mit leichter Verspätung (weil das Boardingpersonal den Schlüssel zum Öffnen der Türe des Fingerdocks nicht fand..... :lol: ) und in Amsterdam eine Verzögerung wegen eines technischen Defekts.....
Gruss Cyrill

@ Mike (reinach BL)
Hoi. Vielen Dank. Genau in dieser Art hat Tim einige Highspeed-Aufnahmen gezeigt.
Gruss Cyrill

Nun noch einige Föteli:

Bild
Schönes Wetter am Donnerstag (04.03.10). Eingang zum Kongress vor der Klimahaus 8° Ost-Gebäude.

Bild
Blick über den Hafen. Toller Sonnenuntergang. Rechts das Restaurant.

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Am Freitagabend schneit es draussen. Blick vom obersten Stock des Hotels.

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Blick am Samstagmorgen aus meinem Hotelfenster. Weiss!

Bild
Nix im Photoshop geschraubt. Sonnenuntergang gestern Abend in Bremerhaven.

Bild
Die schöne RTL-Wetterfee Maxi Biewer mit Andreas Hostettler vor dem EWK-Plakat, auf dem sein Blitz abgebildet ist.

Bild
Preisverleihung des Medienpreises für Meteorologie, Kategorie Bild. Andreas im Rampenlicht.

Bild
"Pokal", ein in Carrara-Marmor gemeisselter Tornado, für die Ewigkeit bestimmt, massiv und einige Kilogramm schwer....; ideal als Buchstütze, oder als Briefmarkenpresse ;)

Bild
v.l.n.r.: Thomas Stucki, Thomas Jordi, Dr. Felix Blumer

Bild
Meine Begegnung mit Tim Samaras.
Zuletzt geändert von Cyrill am Di 9. Mär 2010, 03:53, insgesamt 3-mal geändert.

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Andreas -Winterthur-
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Re: EWK, ExtremWetterKongress 04.-06.03.2010

Beitrag von Andreas -Winterthur- »

Hallo

@Cyrill: Tolle Fotos! Mit Maxi zusammen auf einer Aufnahme sowie die Medienpreisverleihung: da kommt schon Promifeeling auf. :-D

Der Kongress lohnte sich wirklich, es gab nicht weniger als 73 Vorträge. Vom (bewusst provokativen) Verriss der "Wetterfühligkeits-Prognosen" von Prof. Hans Richner ETHZ (für mich ein Highlight) bis zu Frank Abels Vortrag "Jacke oder nicht, verdammt nochmal" , war alles dabei. Gerade Frank Abels Vortrag (Wettermoderator der Fa. Meteogroup -bekannt im Netz mit Wetter24.de-) fand ich ebenfalls genial. Er zeigte anschaulich auf, wie es im Fall von "Daisy" zum Medien-Selbstläufer gekommen ist. Aus den anfänglich "normalen" medialen Übertreibungen wurde immer mehr der totale Hype. Als dann am Schluss der Episode (mit Ausnahme Nordostdeutschlands) die selbsterfüllende Katastrophe ausblieb, wurden die Meteorologen für die angeblich übertriebenen Prognosen gescholten. In die ähnliche Richtung zielte der Vortrag von Felix Blumer, SF METEO mit dem Thema "Wenn Touristiker die Wetterprognosen diktieren".

Mehr Infos, mit Umfrageergebnis "Was ist wichtig an Wetterinformationen?" gibt es bei wetter24.de Hier noch der comedy Ursprung des Vortragstitels Jacke oder nicht verdammt nochmal / Wolfgang Trepper in der Comedy-Stube 'Jacke oder nicht'

Ein weiteres Highlight war für mich der Vortrag von Prof. S. Brönnimann, ebenfalls von der ETHZ, mit dem Thema "Vulkane und El Nino". Er ging ausführlich über Zusammenhänge zwischen Kaltwintern in Teilen Europas und El Nino Ereignissen ein. Der Zusammenhang ist zwar nur schwach, aber es lässt sich feststellen, dass El Nino im Winter meridionale Strömungslagen über dem atlantisch-europäischen Raum begünstigt. (Zitat aus seinem Vortrag).

Gleich mehrere Vorträge befassten sich mit den Risiken durch extreme Wetterereignisse (Versicherungsvertreter) und insbesondere über deren Auswirkungen auf Ballungsräume. Sehr interessant war dazu der Vortrag von Prof. G. Brasseur (Direktor Climate Service Center) "Megacities and air quality". 1800 lebten 3 % der Erdbevölkerung in Städten. Bis 2030 soll der Anteil auf 65 % steigen! Er berichtete über Messkampagnen in Mexico City und Shanghai. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Fälle von Lungenkrebs (nach rund 7 Jahren) synchron mit dem Anstieg der Aerosole angestiegen sind...

Weiteres Highlight ein Rückblick von Dr. J. Rapp vom DWD auf den Kältewinter 2009/2010 und gleich anschliessend "Der Weg durchs Eis", die neue Routenberatung der Nordostpassage, ein Vortrag von G. Rosenhagen ebenfalls vom DWD. Erstmals war im Sommer 2008 die Passage eisfrei und im Sommer 2009 durchfuhren zwei deutsche Frachter im Konvoi mit einem russischen Eisbrecher diesen (kürzeren) Seeweg. Über dieses Ereignis wurde damals in den Medien prominent berichtet. Dass die Frachter allerdings lange Zeit durch die russische Bürokratie festgesessen sind und so viel länger als auf der Normalroute via Suezkanal hatten, passte nicht ins Bild des neu eingeläuteten Schiffahrtszeitalters und wurde von den Medien nicht erwähnt.

Abgeschlossen wurde diese Serie durch einen weiteren interessanten Vortrag zur Arktis: "Was wissen wir über den Klimawandel", ein Vortrag von Prof.L Kalesche IfM, KlimaCampus Hamburg. Sein Vortrag behandelte primär die Entwicklung der arktischen Meereisfläche, ein besonders sensibler Indikator für mögliche Klimaänderungen. Die Abnahme der Meereisfläche ist in den letzten Jahren insgesamt signifikant. Auch im Januar 2010 war die Meereisfläche mit 11.6 Mio km2 so gering wie nur zuletzt im Januar 2007, dem bisherigen Januar- Rekordminimum. Der Arktis fehlen zuerzeit rund 1 Mio. km2 Meereis im Vergleich zum langjährigen Mittel 1979-2000. (Zitate aus seinem Vortrag).

Am 2. Kongresstag war dann Alpenschnee und Eis das Thema. Thomas Stucki vom SLF informierte breit über die Lawinenthematik und zeigte eindrücklich die internationale Kompetenz welche das SLF in dieser Thematik hat. Thomas Jordi, SF METEO ging in einer Fallstudie auf die denkwürdigen Ereignisse des Lawinenwinter 99 ein. Gleich anschliessend ein weiterer interessanter Vortrag von K. Reingruber (Bluesky Wetteranalysen) "über die Schmelzprozesse der Alpengletscher am Beispiel der Dachsteingletscher". Der Flächenverlust dieses Gletscher betrug in den letzten 20 Jahren ca. 17%. Weitere Infos unter http://www.dachsteingletscher.info

Der 2. Kongresstag wurde mit einem faszinierenden Vortrag von Kari Kobler über das Wetter am Mount Everest abgeschlossen.

Die ersteren Vorträge des letzten Kongresstages verpasste ich leider, da die Verleihung der Medienpreise am Vorabend sowie der anschliessende Umtrunk doch etwas länger dauerten. Interessant übrigens das Schneetief das pünktlich (dort an der Nordsee stimmen die Modelle wohl signifikant besser) gegen Abend für teils blizzardartige Verhältnisse sorgte. Bis 20 Uhr lagen etwa 5-10 cm Schnee, im Hinterland lag selbst am Samstagnachmittag noch deutlich mehr Schnee.

Ein Highlight für mich war am Samstag ein weitere Vortrag der sich mit Eis- und Schnee befasste. (Ich fand diese Thematik beim Kongress deutlich kompetenter und spannender vertreten als die "konvektiven" Vorträge, die mich insgesamt enttäuschten. Den Vortrag von Tim Samaras habe ich leider nicht mehr gesehen). Prof. J. Klostermann von Geologischen Dienst NRW dozierte sehr gekonnt und spannend über das Klima im Eiszeitalter. Sein gleichnamiges Buch ist übrigens im Buchhandel erhältlich. Ebenfalls in der Rubrik Paläoklimatologie hielt Dr. H. Grobe vom Alfred-Wegener-Institut einen sehr unterhaltsamen Vortrag über "Plattentektonik und Klima". Über lange geologische Zeitskalen von zehner bis hunderter Millionen Jahren beeinflusst die Plattentektonik das globale Klima in grundsätzlicher und langfristiger Weise. (Auszug aus seinem Vortrag)

Zum Schluss seien noch die 2 Vorträge in der Rubrik "Kosmisches Extremwetter" erwähnt. T. Tokano vom Institut für Geophysik und Meteorologie, Uni Köln hielt einen interessanten Vortrag über Windströmungen und Wetter auf dem Saturnmond Titan. Sehr überzeugend, kompetent und spannend war auch der Vortrag von T. Kraupe, Astrophysiker und Direktor des Planetariums Hamburg über Sonnenstürme und Extremwetter im All. Die aktuelle NASA Mission STEREO liefert neue dramatische Enblicke in dieses Extremwetter.

Uff. Ist natürlich wieder mal viel länger geworden als geplant; aber wenigstens habe ich jetzt schon fast meinen Dienstreisebericht erstellt. ;)

Zu den Vorträgen findet man mit etwas googeln sicher auch noch mehr Informationen. Vom Veranstalter (Institut für Wetter- und Klimakommunikation) sollen bald noch Bilder zum Kongress aufgeschaltet werden . Ich werde meinen Bericht später wohl auch noch mit ein paar Fotos auflockern.

Hier übrigens noch ein Ausblick auf die Wettervisualisierungs-Zukunft: MeteoEarth. Ein geniales "Spielezeug". Das kaufe ich mir, wenn ich endlich den 6er im Lotto gewinne ;)

Nachtrag 15.3.10: Die Bilder des EWK's sind nun online auf der Homepage des Extremwetterkongress 2010


Grüsse Andreas
Zuletzt geändert von Anonymous am Mo 15. Mär 2010, 21:56, insgesamt 5-mal geändert.
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