Hi zusammen,
zunächst @ Cyrill: Grandioses Erlebnis, danke für die Bilder und Schilderungen! Und @ Ben: Wow, tolles Video mit ein paar witzigen Frequenzen von euch
die Gewitterlinie der vergangenen Nacht hatte es in der Tat in sich. Es handelte sich bei uns um die zweite Squall Line des Jahres. Zur Erinnerung: Die erste zog am 20. Juni durch den Oberrheingraben und hatte zumindest von der Windstärke her ebenfalls unwetterartigen Charakter.
Wie bereits zu Beginn des Threads erwähnt gab es nachmittags bereits eine kurze Episode mit Gewittern. Insbesondere im Elsass rund um Mulhouse gab es kurzzeitig auch eine recht heftige Entwicklung. Hier bin ich schon auf Bilder von Benni gespannt. Ich selbst habe wegen eines Schwarzwald-Ausflugs nicht viel davon mitbekommen. Vom Dreisamtal bei Kirchzarten sah jene Entwicklung wie folgt aus:
Der Amboss sah recht vielversprechend aus - das Radar auch. Doch die Versorgung des Gewitter sah hier schon bedenklich aus. Immerhin zeichnete sich eine TCU-Kette ab, die das Gewitter versorgte. In den entscheidenden oberen Stockwerken schienen diese jedoch immer mehr zu zerfleddern. Insofern war das Gebilde doch recht rasch outflowdominant. Dass es jedoch wie rund um Rottweil ordentlich zur Sache ging, zeigt das folgende Bild mit viel Hagel von Infoclimat:
http://www.infoclimat.fr/photolive-phot ... im-68.html
Obwohl das Gewitter also auf seinem Weg nach Norden Abschwächungstendenzen aufwies, fuhr ich noch schnell zum Tuniberg. Man weiß ja nie, manchmal sorgt der Kaiserstuhl bei ähnlichen Entwicklungen für positive Überraschungen. Heute war dem allerdings nicht so. Immerhin entwickelte sich bei dem noch auffällig häufig, aber unattraktivem blitzenden Gewitterrest eine kurzlebige, abgegrenzte scharfkantige Aufwindbasis mit laminaren Strukturen. Sie schwächte sich aber rasch wieder ab. Zumindest in diesem Augenblick war ein Großteil der moderaten Energie verbraucht.
Südlich von diesem sterbendem Gewitter entwickelten sich über der Grundschicht noch einige weitere kurlebige Zellen. Optisch waren diese ganz nett. Also fuhr ich ganz kurz auf den Batzenberg, um davon noch schnell ein Bild aufzuhnehmen. Es blitzte ein paar Mal, dann war auch diese kleine Zelle "Geschichte".
Viel spannender war wie bereits mehrfach erwähnt der nächtliche Gewitterdurchgang. Angesichts der absehbar interessanten Frontpassage beendete ich einen gemeinsamen Grillabend etwas schneller, holte Stativ und Kamera und begab mich auf die "Hauswiese" am Lorettoberg mit Blick nach Westen und Südwesten. Wie Benni bereits beschrieb, war der Durchgang sehr "speziell" und eines der interessantesten lokalen Ereignisse in dieser Saison. Anbei stichpunktartig meine Beobachtung:
- spät einsetzendes Wetterleuchten, ca. 30 km vor der Stadt, obwohl die Front laut Radar sehr blitzaktiv war
- enorm hohe Bodenfeuchte bei RH um 90 %, Tendenz zu Nebelbänken
- hohe Temperatur vor Frontdurchgang (21°C, bei Tf 19°C)
- schwacher Nordwind, ergo massive Konvergenz mit Windsprung auf Süd bei Gewitterpassage
- Stroboskop-Flackern ab 15 min vor Frontdurchgang mit bis zu 1 Blitz/s
- keine Chance auch nur einen einzigen Blitz"ast" zu sehen
- unglaubliche Shelf-Cloud, mehrstöckig laminar, Böenfront"wurst" 200m über Boden (verschluckte den Schönberg in atemberaubenden Tempo)
Bei Tag wären das zumindest für meine Saison die Bilder des Jahres geworden. Doch wie Benni ist mir kein einziges brauchbares Foto gelungen. Ein Beispiel sei dennoch gezeigt, als das Flackern, 10 min vor Durchgang der Front besonders intensiv war.
Bei der Sturmpassage selbst blieb ich auf dem Berg stehen, da das Blitzrisiko doch wirklich sehr gering war. Diese waren sowohl optisch als auch per Radarbild (Smart Phone) eindeutig hinter Böenfront und sogar Niederschlagskern angesiedelt. Vielleicht ist die Bodenfront dem höheren Wolkenstockwerk vorausgeeilt, was zu diesem Effekt führte. Jedenfalls war es auf offener Wiese ein herrliches Erlebnis von Böen zwischen 80 und 90 km/h fast umgeworfen zu werden. Als diese etwas nachliessen und erste Regentropfen fielen, gings nach Hause. Wenige Minuten später schüttete es wie aus kübeln und dann kamen auch die Blitze langsam näher.
Hoffen wir, dass es nicht die letzte Gewitterepisode des Jahres war und September und Oktober wie so oft noch ein paar Überraschungen parat haben.
Beste Grüsse, Thies